Hedgefonds, Short Selling, Short Squeezes – man begegnet so einigen Fachwörtern, wenn man den spektakulären GameStop-Fall, der Anfang 2021 mediale Wellen schlug, nachvollziehen möchte.
In dieser Miniserie erläutern wir deshalb diese Begriffe. Im Folgenden erklären wir, welche Rolle Hedgefonds beim GameStop-Fall spielten und was genau vor sich ging. Die Miniserie ist folgendermassen aufgebaut:
Sie befinden sich hier:
Hedgefonds-Serie: Was geschah im Fall GameStop und wie beeinflussen Communities die Kurse?
Kleinanleger, die sich in Onlinecommunities organisieren und mit cleveren Börseninterventionen die übermächtigen Hedgefonds in die Knie zwingen? Im ersten Teil unserer Hedgefondsserie erklären wir am Beispiel GameStop, wie Communities Börsenkurse beeinflussen können und ob mit dieser Aktion eine Wende am Finanzmarkt eingeläutet wurde.
- Teil 1: Was geschah im Fall GameStop und wie beeinflussen Communities die Kurse?
- Teil 2: Leerverkauf – was ist das?
- Teil 3: Short Squeeze – einfach erklärt
Was sind Hedgefonds?
Sogenannte Hedgefonds werden in der Regel von mehreren Managern verwaltet. Sie analysieren die Aktienkurse von Firmen oder die Kurse von Anleihen und entwickeln anhand verschiedenster finanzmathematischer Methoden eine Anlagestrategie. Wer in Hedgefonds investieren möchte, muss im Normalfall sehr viel Kapital einbringen können. Deshalb investieren vor allem institutionelle Anleger wie Banken, Krankenkassen und Pensionskassen in Hedgefonds. Private Investorinnen und Investoren müssen sehr vermögend sein, um in einen Hedgefonds investieren zu können. Für Kleinanlegerinnen und Kleinanleger ist diese Art der Anlage in der Regel weniger geeignet oder gar nicht möglich.
Für viele Menschen sind Hedgefonds mit einem negativen Image behaftet. Das liegt daran, dass deren Funktionsweise häufig als intransparent, risikoreich und spekulativ bezeichnet wird. So setzen Hedgefonds beispielsweise auf fallende Aktienkurse – auf das sogenannte Short Selling. In Teil 2 und Teil 3 dieser Serie erfahren Sie mehr über dieses Vorgehen, bei dem trotz fallender Kurse Gewinne erwirtschaftet werden können – in der Fachwelt als Leerverkäufe, Short Selling und Short Squeezes bekannt.
Mehr zu Hedgefonds im Artikel «Der Hedgefonds: auch in sinkenden Märkten Rendite erzielen».
Der Fall GameStop kurz erklärt
Der spektakuläre Fall GameStop, der sich Anfang 2021 ereignete, erreichte wohl deshalb so grosses mediales Echo, weil sich mit ihm der uralte Mythos «David gegen Goliath» in einer hochbrisanten und topaktuellen Geschichte erzählen lässt.
Hedgefonds – Goliath in unserer Analogie – sind die grossen, institutionellen und vermögenden Anleger, die versuchen, von fallenden Kursen zu profitieren. Und so spekulierten diverse Hedgefonds auch auf fallende Kurse bei der Aktie des US-Videospielhändlers GameStop Corp., da im digitalen Zeitalter davon ausgegangen werden kann, dass immer weniger Videospiele physisch gekauft werden. Gleichzeitig taten sich in einem wallstreetkritischen Forum des Portals Reddit zahlreiche Kleinanlegerinnen und Kleinanleger zusammen. Sie nehmen in unserer Geschichte die Rolle des «David» ein, weil sie beschlossen, den Kurs der GameStop-Aktie in die Höhe zu treiben, um dem unbeliebten Hedgefonds zu schaden. Eine schnell wachsende Bewegung formierte sich: Es entstand ein richtiger Run auf die GameStop-Aktie. Mit dem in der Folge stark steigenden Kurs des Gaming-Unternehmens hatten sich denn auch diverse grosse Hedgefonds verspekuliert, was grosse Verluste für sie bedeutete.
Warum hat die GameStop-Geschichte funktioniert?
Ausgelöst wurde der starke Kursanstieg durch ein Unterforum der Plattform Reddit, in dem sich zahlreiche Privatanlegerinnen und Privatanleger zum Kauf der Aktie entschlossen, um deren Kurs in die Höhe zu treiben. Einige Faktoren begünstigten wahrscheinlich die Situation um die GameStop-Geschichte:
- Der GameStop-Kurs war in der ersten Januarwoche mit rund 20 US-Dollar bewertet, die Aktie war also (anfangs) recht erschwinglich.
- Die Eintrittsgebühren für Marktteilnehmer an der Börse sind in den vergangenen Jahren extrem gesunken, teilweise sind Aktien spielerisch einfach zugänglich über diverse Apps, die den Aktienhandel sehr günstig und intuitiv machen.
- Der Austausch in Communities wird durch die sozialen Medien begünstigt, bekannte Investoren wie Elon Musk haben zudem die Aktion mit ihren Tweets befeuert.
Und so schoss der Aktienkurs binnen Tagen auf über 300 US-Dollar – das 15-fache des ursprünglichen Werts.
Was bedeutet der Fall GameStop für den Finanzmarkt?
Die Idee, dass sich Kleinanleger zusammentun, um den Grossen eins auszuwischen, hat etwas Faszinierendes. Es ist jedoch fraglich, ob die David-gegen-Goliath-Analogie tatsächlich passend ist.
Vermutlich sind die Beteiligten nicht ganz so klar in «gross» und «klein» einzuordnen. Schliesslich befanden sich auch unter den Privatanlegerinnen und Privatanlegern vermögende Starinvestoren. Der GameStop-Aktienkurs ist zudem nach dem Höhepunkt Anfang 2021 wieder gesunken, womit viele Investoren einen hohen Preis in Form von Kursverlusten zahlen werden. Ebenso können nicht alle Hedgefonds zu den Verlierern gezählt werden. Im Gegenteil gab es diverse Hedgefonds, die den Aktienanstieg profitabel für sich zu nutzen wussten. Einen wahren Gewinner gibt es bei dem Spekulationsspiel wohl nicht – und für viele war es bloss genau das: ein Spiel.
Erfahren Sie mehr zu den Mechanismen, wie Hedgefonds fallende Kurse für sich nutzen und weshalb es sich bei dem Fall um einen sogenannten «Short Squeeze» handelte, in Teil 2 und 3 dieser Serie.