Spätsommer

Der Spätsommer zeigt sich von seiner schönsten Seite, auch an den Finanzmärkten. Doch die freundliche Stimmung verdeckt immer weniger, dass die Grundlagen brüchiger geworden sind.

Der US-Konjunkturzyklus hat seine Blütezeit überschritten.

Diese letzten Sommertage haben eine ganz besondere Leichtigkeit. Das Licht ist weich, die Sonne mild und die Wärme angenehm. Es ist eine Zeit, die zur Entspannung einlädt.

Eine ähnliche Atmosphäre prägt derzeit die Finanzmärkte. Viele Anlageklassen verzeichneten in den letzten Wochen Zugewinne, von denen auch unsere Portfolios deutlich profitierten. Doch diese freundliche Kulisse mag nicht überdecken, dass die Fundamente dieser positiven Entwicklung zunehmend schwinden.

Besonders deutlich wird dies in den Vereinigten Staaten, deren Wirtschaft spürbar an Zugkraft verloren hat. Nach jahrelanger Kompensation der Schwäche in Europa und China zeigt Amerika deutliche Ermüdungserscheinungen. Das Wirtschaftswachstum ist in diesem Jahr von überdurchschnittlichen auf unterdurchschnittliche Werte zurückgefallen.

Spürbar wird dies vor allem bei grösseren Investitionen, die Unternehmen und Privatpersonen in den USA nur noch zurückhaltend tätigen. Mittlerweile hat die Abkühlung aber auch den Arbeitsmarkt erreicht: Die Zahl der neu geschaffenen Stellen liegt nur noch bei einem Bruchteil des Vorjahreswerts. Im Juni waren gar erstmals seit längerer Zeit rückläufige Beschäftigungszahlen zu verzeichnen.

Historisch betrachtet sind nachhaltige Einbrüche am Arbeitsmarkt fast ausnahmslos mit dem Beginn einer Rezession einhergegangen. Denn Unternehmen bauen Stellen erst ab, wenn Aufträge zurückgehen oder Margen unter Druck geraten. Dieser Kreislauf schwächt Einkommen und Konsum – und er wird begleitet von einer Inflationsdynamik, die zuletzt wieder angezogen hat. Die von Präsident Trump verhängten Zölle dürften diesen Trend in den kommenden Monaten noch verstärken.

Dass Präsident Trump die Absetzung von Fed-Gouverneurin Lisa Cook forciert, untergräbt ebenso das Vertrauen in die wirtschaftspolitische Ordnung wie die Neubesetzung der Statistikbehörde nach der Veröffentlichung unerwünschter Arbeitsmarktdaten. All dies scheint die Märkte bislang jedoch kaum zu beunruhigen.

Schwächere Konjunkturdaten werden reflexartig als Argument für baldige Zinssenkungen gewertet. Das mag zutreffen, doch das hohe Risiko, dass die Abschwächung in eine Rezession mündet, spiegelt sich bislang kaum in den Kursen wider. Auch die politische Einflussnahme auf unabhängige Institutionen bleibt bei den Bewertungen weitestgehend ausgeblendet.

Diese Gelassenheit ist nichts Neues. Auch in früheren Episoden der Finanzmarktgeschichte wurden bekannte Risiken lange ignoriert, bis sie schliesslich zu abrupten Neubewertungen führten. Der Goldpreis ist ein Indikator, der uns in dieser Einschätzung bestärkt. Er erreichte in den letzten Monaten neue Höchststände und ist ein sensibler Seismograf für unterschwellige Unsicherheit.

Unsere taktische Ausrichtung trägt dieser Einschätzung Rechnung. Wir halten die Gesamtaktienquote weiterhin neutral und nutzen somit die freundliche Marktphase. Innerhalb dieser Positionierung bleiben wir bei US-Aktien jedoch zurückhaltend. Die politische Einflussnahme und das Rezessionsrisiko rechtfertigen keine offensive Haltung. Dafür sind wir bei Gold übergewichtet, was sich in den vergangenen Monaten als besonders vorteilhaft erwiesen hat.

Gerade jetzt zahlt es sich aus, der bewährten, langfristigen Strategie zu vertrauen. Wer in diesen verführerischen Spätsommer hinein zu optimistisch agiert, riskiert, vom ersten Herbststurm überrascht zu werden.

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