Einerseits wird es immer schwieriger, neue Mitarbeiter:innen zu rekrutieren, andererseits ist jeder Rekrutierungsprozess mit einem zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden. Unternehmen sind daher stets auf der Suche nach Optimierungsmöglichkeiten. Eine Lösung ist Data Driven Recruiting. Hier werden Daten gezielt gesammelt, analysiert, verbunden, gemessen und ausgewertet, um die Effizienz zu steigern und mehr Kandidat:innen zu gewinnen. Wie PostFinance mit Data Driven Recruiting die Candidate Journey verbessert und die Prozesse optimiert, erzählt Sarah Bucher im Interview.
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Data Driven Recruiting optimiert den Bewerbungsprozess
Wer bewirbt sich auf welche Stelle? Welche Kanäle werden genutzt? Wo im Rekrutierungsprozess steigen Kandidat:innen aus? Mit diesen und vielen weiteren Fragen beschäftigt sich Data Driven Recruiting, bei dem Daten systematisch erfasst und analysiert werden, um sowohl die Effizienz als auch das Erlebnis für die Kandidat:innen zu optimieren.
Sarah Bucher arbeitet seit 2020 als Head People Attraction bei PostFinance. Seit 2022 treibt sie mit einem 13-köpfigen Team das Data Driven Recruiting voran.
Sarah, welche Rolle spielt Data Driven Recruiting bei PostFinance?
PostFinance hat im Mai 2022 das Recruiting neu aufgestellt und dabei gezielt eine Fachperson ins Team integriert, die sich ausschliesslich dem Data Driven Recruiting widmet. Daten bilden einen wichtigen Baustein für einen erfolgreichen Rekrutierungsprozess. Das Ziel von Data Driven Recruiting ist zum einen, eine effiziente und effektive Personalgewinnung zu haben, und zum anderen, den Kandidat:innen ein möglichst positives Erlebnis entlang aller Touchpoints der Candidate Journey zu bieten.
Wie können mit Data Driven Recruiting passende Kandidat:innen gefunden werden?
Daten helfen uns beispielsweise besser zu verstehen, über welche Kanäle Kandidat:innen auf unsere Positionen aufmerksam werden, was wertvolle Rückschlüsse für die künftige Rekrutierung bietet. So wissen wir mittlerweile, dass wir Stellen in der IT gar nicht erst auf den gängigen Jobportalen, sondern nur auf LinkedIn und unserer Karriereseite auszuschreiben brauchen. Wir versuchen auch, Kandidat:innen, die sich auf eine Position gemeldet haben, auf andere passende Positionen zu matchen, um erneute Ausschreibungen zu vermeiden. Dies ist eine Win-win-Situation für beide Seiten. Im vergangenen Jahr haben wir begonnen, die Kanäle pro Zielgruppe zu evaluieren, und wir sind laufend daran, die Daten zusammenzutragen und auszuwerten, damit wir rasch und kostengünstig die geeigneten Mitarbeiter:innen einstellen können.
Wie kann die Candidate Journey datengetrieben optimiert werden?
Wir fragen die Kandidat:innen, wie sie den Prozess empfunden haben: Was hat ihnen gefallen? Was hat ihnen gefehlt? Wie war der zeitliche Ablauf für sie? Dieses qualitative Feedback kombinieren wir mit quantitativen Daten: Wie lange dauerte der Prozess? Wann sind Kandidat:innen ausgestiegen und weshalb? Wo haben wir noch Potenzial? Dank der durchgängigen Messung erhalten wir einen guten Eindruck der Candidate Journey. Unser Ziel ist es, das Erlebnis für die Kandidat:innen ständig zu optimieren und noch positiver zu gestalten.
Welche Technologien werden bei Data Driven Recruiting genutzt und inwieweit kommt dabei künstliche Intelligenz zum Einsatz?
Die Automatisierung von wiederkehrenden Prozessen und der Einsatz von künstlicher Intelligenz würden unseren Alltag erleichtern. Die vielen verschiedenen Systeme, die zurzeit genutzt werden, stellen allerdings eine Herausforderung dar. Erste Schritte gibt es aber bereits. So nutzen wir zum Beispiel CV Parsing. Die Software gleicht online eingegangene Lebensläufe mit unseren Anforderungen ab und gibt einen Matching Score an. Das Rating unterstützt uns dann bei der Auswahl. Umgekehrt können CVs von Kandidat:innen mit ihrem Einverständnis mit offenen Positionen bei uns abgeglichen werden. So können wir interessanten Kandidat:innen weitere passende Stellenangebote bei uns vorschlagen.
Wie wird der Erfolg von Data Driven Recruiting ausgewertet?
Für die Erfolgsmessung nutzen wir zahlreiche Kennzahlen, aggregierte KPI und Performance-Indikatoren. Wir werten unter anderem die Performance unserer Kanäle (Beispiel: Woher kamen die Bewerbungen? Wie war die Dossierqualität?) und unserer Prozesse aus (Beispiel: Wie viele Kandidat:innen waren im Erstgespräch? Wie viele im zweiten Gespräch? Haben Kandidat:innen ihre Kandidatur zurückgezogen?). Es gibt aber noch weitere wichtige Kennzahlen wie die Diversität. Hier evaluieren wir zum Beispiel den Recruiting Funnel. Und wir überprüfen jährlich unsere Arbeitgeberattraktivität am Markt.
Welche Vorteile bietet Data Driven Recruiting Unternehmen?
Data Driven Recruiting bietet mehrere Vorteile: Budgets lassen sich da einsetzen, wo sie am meisten Ertrag bringen. So können die Kosten optimiert werden. Das Recruiting findet da statt, wo sich potenzielle Mitarbeiter:innen aufhalten. So lässt sich die Effizienz steigern.
Zudem können Prozesse verbessert werden, was sich positiv auf den Einsatz von Ressourcen und die Candidate Experience auswirkt – und das wiederum auf die Attraktivität von PostFinance als Arbeitgeberin.
Was sind die Herausforderungen?
Wir arbeiten mit vielen verschiedenen Systemen. Das fordert uns bei der Datenauswertung. Können verlässliche Daten aus den Systemen extrahiert werden, gilt es, diese sinnvoll zu verbinden. Erst dann werden sie nutzbar. Dafür braucht es Zeit und Know-how. Unternehmen dürfen nicht erwarten, dass HR-Fachleute oder Recruiter das nebenbei machen. Für die Datenaufbereitung und -analyse braucht es eine dedizierte Fachperson mit spezifischen Kenntnissen der Recruiting-Tool-Landschaft und der Datenanalyse sowie auch der Prozesse in der Personalgewinnung. Anomalien müssen zum Beispiel erkannt und verstanden werden, damit die Daten aussagekräftig sind. Weiter müssen die Daten so aufbereitet und visualisiert werden, dass man mit ihnen arbeiten kann. Und letztlich müssen sie aktuell gehalten werden. Eine seriöse Datenbewirtschaftung ist das A und O.
Was müssen Personalverantwortliche beim Einsatz von Data Driven Recruiting bedenken?
Daten eignen sich hervorragend zur Weiterentwicklung und Prozessoptimierung sowie als Diskussions- und Entscheidungsgrundlage. Sie müssen aber immer mit Erfahrungen angereichert und mit Menschen gespiegelt werden.
Wie wird das Recruiting bei PostFinance in Zukunft aussehen?
Data Driven Recruiting ist gekommen, um zu bleiben. Wir wollen unsere Kennzahlen und KPI möglichst tagesaktuell und automatisiert verfügbar haben, damit wir diese für unsere tägliche Arbeit nutzen können. Zusammen mit Führungspersonen können wir die effizientesten Wege finden, um an passende Mitarbeiter:innen zu kommen und so unsere offenen Positionen mit den richtigen Macher:innen zu besetzen. Und wir möchten unsere Candidate Journey mithilfe der Daten noch mehr auf die Bedürfnisse der Kandidat:innen ausrichten. Zudem werden wir als Unternehmen gefordert sein, vermehrt in die Zukunft zu blicken und die Fähigkeiten von morgen zu antizipieren, um Menschen mit diesen Kompetenzen frühzeitig für uns zu gewinnen. Dabei ist unter anderem unser Talent Relationship Management ein nützliches Hilfsmittel.
Wichtige KPI – was im Data Driven Recruiting gemessen wird
Ziel des Data Driven Recruiting ist nicht nur das Sammeln, sondern auch das Messen und Auswerten sogenannter Key Performance Indicators (KPI). Sie geben Auskunft über den Erfolg von Recruiting-Massnahmen und helfen, den Prozess zu verbessern. Es gibt zahlreiche KPI. Zu den Wichtigsten zählen folgende:
- Die Click Through Rate misst, wie oft die Stellenanzeige angezeigt und wie oft sie angeklickt wurde.
- Der KPI Cost Per Click bildet die Kosten für die performancebasierte Anzeigenschaltung ab. Bei diesem Modell zahlt das inserierende Unternehmen für jeden Klick auf das Stelleninserat.
- Die Conversion Rate gibt an, wie viele der Klicks auf die Stellenanzeige zu einer Bewerbung geführt haben.
- Weiter ist es hilfreich zu wissen, welche Recruiting-Kanäle genutzt werden, wie viele Bewerbungen für die zu besetzende Stelle eingegangen sind und wie viele davon qualitativ gut sind.
- Die Kennzahl Time To Hire zeigt, wie lange es dauerte, bis die offene Stelle erfolgreich besetzt wurde.
- Der KPI Cost Per Hire weist sämtliche Kosten aus, die für die Besetzung der offenen Stelle entstanden sind.