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Erstellt am 26.07.2023

Nachfolgeplanung im Unternehmen: Was Sie beachten sollten

Wann sollte man mit der Nachfolgeplanung beginnen? Welche Möglichkeiten der Unternehmensnachfolge gibt es? Und worauf muss man bei der Firmenübergabe achten? Experte Dr. Frank Halter beantwortet wichtige Fragen rund um die Nachfolgeplanung im Unternehmen.

Die Übergabe einer Firma an die nächste Generation ist eine Herausforderung, daher schieben viele Unternehmer:innen in der Schweiz die Nachfolgeplanung im Unternehmen auf die lange Bank. Gerade aber weil der Prozess komplex und zeitintensiv ist, rät Dr. Frank Halter, Experte für Unternehmensnachfolge, sich rechtzeitig Gedanken zu machen, und gibt wertvolle Tipps.

Dr. Frank Halter ist geschäftsführender Inhaber von St. Galler Nachfolge und Lehrbeauftragter der Universität St. Gallen. 2019 hat der Experte für Unternehmensnachfolge eine unabhängige Plattform initiiert, die Kleinst- und Kleinunternehmen kostenlose Hilfe zur Selbsthilfe rund um die Nachfolgeplanung bietet.

Wann braucht es eine Nachfolgeplanung im Unternehmen?

Ob Führungs- oder Eigentumsnachfolge: Es braucht immer eine Nachfolgeplanung im Unternehmen. Sie sorgt dafür, dass sowohl bei einem geplanten als auch bei einem unerwarteten Ausscheiden des Inhabers oder anderer Schlüsselpersonen alles in geordneten Bahnen weiterlaufen kann. Entscheidend ist hier die Frage: «Was wäre, wenn?» Jede Firma braucht im Minimum einen Notfallplan, damit zum Beispiel noch die Löhne bezahlt werden können. Empfehlenswert sind daher Verträge, Unterschriftenregelungen oder auch die Sicherstellung von Zugängen. Bei einer geplanten Firmenübergabe gilt es zudem zu überlegen, in welchem Zeitraum man kürzertreten oder austreten will.

Welche Formen der Betriebsübernahme gibt es?

Viele Unternehmer:innen prüfen erst den familieninternen Weg. Gibt es innerhalb der Familie keine valablen Kandidat:innen, rücken potenzielle Mitarbeiter:innen in den Fokus. Wird das Unternehmen an das bisherige Management oder langjährige Mitarbeitende verkauft, spricht man von einem Management-Buy-out (MBO). Heute sieht man übrigens auch immer öfter Teamnachfolgen, bei denen sich Familienmitglieder und Angestellte die Nachfolge teilen. Zeichnet sich keine interne Lösung ab, kann je nach Branche über ein Management-Buy-in (MBI) nachgedacht werden. In diesem Fall überträgt der Inhaber seine Firma an einen Nachfolger, der nicht im Unternehmen tätig ist. Der Käufer kann sowohl eine Privatperson als auch eine andere Firma oder ein Investor sein. Einen guten Käufermarkt gibt es zum Beispiel für Arztpraxen und Apotheken. Schwieriger haben es hingegen oftmals Garagen und die Gastronomie/Hotellerie. Entsprechend ist für rund 30 Prozent der kleineren Unternehmen die ordentliche Geschäftsaufgabe Realität.

Wie lange dauert die Planung von Unternehmensnachfolgen erfahrungsgemäss?

Der Nachfolgeprozess dauert bei Schweizer Unternehmen durchschnittlich sieben bis zwölf Jahre. Ausreichend Zeit schafft optimale Bedingungen für den Verkäufer, den Käufer und das Unternehmen – sprich die Mitarbeitenden, die Kundschaft und die Lieferanten. Erfahrungsgemäss dauern familieninterne Nachfolgen länger als ein MBO oder MBI. In der heutigen Zeit – Stichwort Fachkräftemangel – sollte man starten, sobald mögliche Kandidat:innen da sind. Unternehmer:innen sichern sich damit nicht nur geeignete Nachfolger:innen, sie bieten guten Mitarbeiter:innen so auch eine Perspektive. Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit dem Thema ist für Unternehmer:innen aber auch hinsichtlich der persönlichen Vorsorge elementar. Je solider die private finanzielle Lage, desto mehr Handlungsfreiheiten hat man bei der Übergabe.

Weshalb braucht die Nachfolgeplanung im Unternehmen so viel Zeit?

Eine familieninterne Nachfolgeplanung oder auch ein Management-Buy-out benötigt Zeit, da die Nachfolger:innen erst einmal an ihre künftige Aufgabe herangeführt werden müssen. Vielleicht ist eine Aus-/Weiterbildung angezeigt. Wissen darf fliessen und Verantwortung abgeben werden. Die Befähigung ist somit ein wichtiger Teil, aber auch, dass die Jungen lernen, sich durchzusetzen, und die Alten lernen, loszulassen. Dabei helfen Fragen wie: «Habe ich eine Firma oder bin ich die Firma?», «Was braucht die Firma?» und «Wie nutze ich meine Zeit ohne Firma?».

Was, wenn man nicht (mehr) so viel Zeit hat? Kann es mit der Unternehmensübergabe doch noch funktionieren?

Eine Eigentumsübertragung kann – insbesondere bei einem Management-Buy-in – auch in sechs Monaten über die Bühne gehen, wenn sich alle einig sind. Man sollte sich allerdings fragen, ob die Firma einen harten Wechsel verträgt. Implizites Wissen bleibt in diesem Fall gerne auf der Strecke. Grosse Auswirkungen kann zudem eine zu abrupte Veränderung der Unternehmenskultur haben. Probleme zu einem späteren Zeitpunkt sind nicht selten, wenn gewissen Themen während eines beschleunigten Prozesses nicht bearbeitet werden.

Welche Herausforderungen können bei der Nachfolgeplanung auftauchen?

Da die Unternehmensnachfolge für Schweizer Unternehmen lange dauert und die Welt ständig im Fluss ist, braucht es einen Plan B und einen Plan C. Man muss sich bewusst sein, dass in der Zwischenzeit viel passieren kann: Die angedachte Nachfolgerin verliebt sich und zieht ans andere Ende der Welt; der geplante Nachfolger erkrankt und verlässt die Firma. Zudem können Ereignisse im Aussen Branchen beeinflussen oder gar das Aus für ein Unternehmen bedeuten. Auch hier ist daher die Frage «Was wäre, wenn?» zentral. Es gilt Meilensteine festzulegen und Entscheidungen zu treffen. Verbindlichkeit ist etwas vom Wichtigsten, denn das Alltagsgeschäft hat immer Vorrang.

Wie findet man für die Unternehmensnachfolge in der Schweiz potenzielle Nachfolger:innen?

Gibt es innerhalb der Familie oder im Unternehmen keine geeigneten Nachfolger:innen, können Personalvermittler oder auch Firmen wie Companymarket weiterhelfen. Menschen zusammenzuführen, hat das grösste Potenzial, kommt allerdings oft zu kurz. Wichtig bei der Auswahl sind die Berufserfahrung, das Wissen, die Motivation, der Antrieb, etwas zu gestalten und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Unternehmer:innen dürfen sich dabei von der Vorstellung verabschieden, dass es die Nachfolger:innen gleich handhaben müssen und es mit der Nachfolge auf Anhieb klappen muss.

Welche Ängste schwingen bei der Nachfolgeplanung im Unternehmen mit?

Gibt man seine Firma ab, hat man keine Kontrolle mehr. Bei der familieninternen Nachfolge ist zwar das Vertrauen da, aber auch die Sorge vor alten Konflikten, die aufbrechen könnten. Ausserdem ist die Gerechtigkeitsfrage ein Thema. Es soll sich niemand unfair behandelt fühlen. Da die Nachfolgeplanung im Unternehmen meist einmalig und sehr komplex ist, haben viele Unternehmer:innen grossen Respekt vor dem Prozess und vor falschen Entscheidungen. Wichtig ist daher, sich selbst treu zu bleiben und sich bei Bedarf Hilfe zu holen.

Was ist bei der Unternehmensnachfolge zu beachten?

Der Weg zum Ziel ist sehr individuell und jeder Prozess anders. Eine starre Checkliste empfiehlt sich daher nicht. Als Leitplanke kann das St. Galler Nachfolge-Modell dienen. Das Rahmenkonzept ermöglicht es, die Nachfolgeplanung im Unternehmen strukturiert anzugehen, sie zu planen, zu gestalten und umzusetzen. Weiter hilft es, die vielfältigen und oft komplexen normativen, strategischen und operativen Fragestellungen, die sich vor, während und nach dem Nachfolgeprozess ergeben, zu erfassen, damit sie rechtzeitig bearbeitet und beantwortet werden können.

Wie bestimmt man den Preis seines Unternehmens?

Die Nachfolgeplanung kann sehr emotional sein. Für Unternehmer:innen ist es deshalb oft schwierig, die Marktchancen und den Wert ihres Unternehmens objektiv einzuschätzen. Berechnungsmethoden als Entscheidungsgrundlage findet man auf dem KMU-Portal des Bundes. In der Regel ist der Verkaufspreis allerdings nicht der entscheidende Faktor bei einer Unternehmensübergabe. Wichtiger ist es, auf das Bauchgefühl zu hören und an das Wohl der Firma zu denken.

Welche Rolle spielen rechtliche und steuerliche Aspekte bei der Firmenübergabe?

Die Rechtsform ist zwar – auch steuerlich – relevant, man sollte sich aber nicht davon treiben lassen. Es empfiehlt sich, erst einmal zu klären, was man will und dann zu prüfen, ob die Unternehmensnachfolge so umsetzbar ist. Dabei können externe Berater, Treuhänder, Finanzinstitute, Steuerexperten oder auch spezialisierte Anwaltskanzleien helfen.

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