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Jahresende im KMU: Zahlen, Ziele und Zeitdruck
26.11.2025
Tagesgeschäft, Steueroptimierung, Zielsetzung fürs neue Jahr – der Jahresendspurt ist anspruchsvoll. Jetzt heisst es: Den Überblick behalten. Reto Wettstein, Treuhanddozent an der STS Schweizerischen Treuhänder Schule AG, beantwortet die wichtigsten Fragen zum Geschäftsabschluss.
Weitere To-dos am Jahresende: Checkliste zum Download
Der Jahresabschluss steht bevor – und mit ihm unzählige andere Aufgaben. Damit im Jahresendtrubel nichts untergeht, gibt es unsere praktische Checkliste.
Was bereitet kleinen Unternehmen die grössten Schmerzen beim finanziellen Abschluss des Jahres?
In kleinen Unternehmen sind es erfahrungsgemäss fehlende oder unsortierte Unterlagen, unklare Buchungen und der Zeitdruck. Gerade bei Einzelunternehmen stellt die Mischung aus privaten und geschäftlichen Belegen immer wieder eine Herausforderung dar. Wir empfehlen Ihnen deshalb, die privaten Belege strikt von den geschäftlichen zu trennen und immer mindestens ein privates und ein geschäftliches Konto (inklusive Kontokarte) zu führen.

«Damit der Jahresabschluss nicht zum Stress wird, helfen regelmässige Buch-haltungs-Updates, digitale Tools, klare Ablagestrukturen und ein monatlicher Check der Finanzen.»
Reto Wettstein, Treuhanddozent an der STS Schweizerischen Treuhänder Schule AG
Welche Dokumente müssen Unternehmen für den Jahresabschluss zusammentragen?
Grundsätzlich alle Belege, Kontoauszüge, Verträge und offenen Rechnungen, die für den Jahresabschluss rele-vant sind. Dazu gehören je nach Unternehmensform auch Inventarlisten, Lohnabrechnungen und gegebenen-falls Dokumente zu Investitionen. Wichtig ist, nichts zu vergessen, was steuerlich relevant sein könnte. Reichen Sie Ihrem Treuhandbüro eher mal ein Dokument zu viel ein. Es wird wissen, was es damit machen muss.
Warum ist der finanzielle Jahresabschluss so wichtig?
Jahresabschluss nach Rechtsform: Bestandteile und Fristen
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Was gehört alles in den Jahresabschluss?
Einzelunternehmen mit einem Jahresumsatz von weniger als 500'000 Franken sind von der Erstellung eines umfassenden Jahresabschlusses grundsätzlich befreit (siehe «Gut zu wissen»). Sie müssen nur eine einfache Buchhaltung mit einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung erstellen und Auskunft über ihre Vermögenslage geben können. Das heisst konkret: Einzelunternehmen müssen aufzeigen, wie viel Geld sie im Geschäftsjahr eingenommen und ausgegeben haben und welcher Gewinn daraus resultiert. Im Gegensatz zur doppelten Buchhaltung müssen bei der einfachen Buchhaltung keine Abschlussbuchungen (transitorischen Aktiven und Passiven, Abschreibungen, Rückstellungen usw.) erfasst werden, da bei einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung nur das effektive Datum der Einnahme oder Ausgabe relevant ist. Offene Rechnungen per 31. Dezember müssen im Jahresabschluss nicht berücksichtigt werden. Diese Informationen müssen dann in einem separaten Dokument der Steuererklärung beigelegt werden.
Welche Fristen sind zu beachten?
Einzelunternehmen reichen die Jahresrechnung zusammen mit der Steuererklärung bei der kantonalen Steuerbehörde ein. Die Fristen dafür unterscheiden sich kantonal. Bei fast allen Kantonen ist in der Regel auch eine Fristerstreckung möglich.
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Was gehört alles in den Jahresabschluss?
GmbH und AG unterstehen der doppelten Buchhaltungspflicht und sind verpflichtet, den Jahresabschluss zu erstellen. Dieser umfasst Bilanz, Erfolgsrechnung und Anhang und in speziellen Fällen ein Lagebericht und eine Geldflussrechnung. Bestimmte Gesellschaften müssen ihren Jahresabschluss von einer unabhängigen Revisionsstelle ordentlich oder eingeschränkt prüfen lassen (Art. 727 ff. OR).
Zudem gilt für diese Unternehmen die Pflicht zur Offenlegung ihrer Jahresabschlüsse (Art. 696 Abs. 1 OR). Bestimmte Gesellschaften müssen ihren Jahresabschluss zudem von einer unabhängigen Revisionsstelle ordentlich prüfen lassen (OR Art. 727 und OR Art. 728).
Welche Fristen sind zu beachten?
GmbH und AG müssen gemäss OR innert sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres eine ordentliche (jährliche) Gesellschafter- bzw. Generalversammlung durchführen. Entsprechend frühzeitig muss der Jahresabschluss erstellt sein, denn bereits 20 Tage vor der Versammlung müssen den Gesellschafter:innen bzw. den Aktionär:innen der Geschäftsbericht und die Revisionsberichte zugänglich gemacht werden.
Gut zu wissen
Die Pflicht zur Buchführung ist im Obligationenrecht in Art. 957 geregelt; die Pflicht zur Rechnungslegung in Art. 958.
Tipp
Besprechen Sie die steuerlichen Fristen, z. B. für den Jahresabschluss, die Mehrwertsteuer oder die Einreichung der Steuererklärung, am besten mit Ihrem Treuhandbüro, und erstellen Sie mit Ihrer Ansprechperson einen Fahrplan für den finanziellen Geschäftsabschluss, der für alle Parteien «machbar» ist.
Welche Tipps können Sie als Expert:in dem KMU bezüglich Jahresabschluss geben?
Denken Sie als KMU-Inhaber:in bzw. Finanzverantwortliche:r während des ganzen Jahres immer auch an den Jahresabschluss und legen Sie die relevanten Unterlagen und Informationen für den Abschluss laufend bereit. Nutzen Sie zudem Möglichkeiten der digitalen Buchhaltung – sprich eine Buchhaltungssoftware – und machen Sie regelmässige Abstimmungen mit Ihrem Treuhandbüro.
Termine im Griff
Ob für elektronische Zahlungsaufträge, elektronische Gutschriftsanzeigen, SWIFT MT101 und viele mehr: Hier finden Sie die Verarbeitungstermine von PostFinance übers Jahresende.
Wie können Unternehmen jetzt noch Steuern sparen?
Steuern sparen kann man durch gezielte Investitionen vor Jahresende, durch Betriebsausgaben wie Weiterbildung, Marketing oder notwendige Anschaffungen. Auch betriebsnotwendige Rückstellungen helfen, die Steuerlast zu optimieren.
Rückstellungen und Abschreibungen sind auch immer ein Thema: Was müssen Kleinstunternehmen und kleine KMU dazu wissen?
Rückstellungen und Abschreibungen reduzieren den Gewinn und damit die Steuerlast. Wichtig ist, dass sie korrekt und nachvollziehbar dokumentiert sind. Abschreibungen und Rückstellungen müssen den gesetzlichen Vorgaben entsprechen.
Was können Unternehmen jetzt noch aufgleisen, um ihre Liquidität besser zu steuern?
Liquidität lässt sich insbesondere durch eine frühzeitige Rechnungsstellung, ein konsequentes Mahnwesen sowie eine vorausschauende Investitionsplanung und Rücklagenbildung steuern. Für das Folgejahr empfiehlt sich ein Liquiditätsplan mit monatlicher Übersicht.
Welche Investitionen lohnen sich vor dem Jahresende?
Grundsätzlich lohnen sich alle Investitionen, die dem Betrieb einen klaren Nutzen bringen und tatsächlich erforderlich sind (Betriebsnotwendigkeit). Wichtig ist, dass sie betrieblich begründet und damit steuerlich abzugsfähig sind. Ersatzinvestitionen allein aus steuerlichen Gründen vorzuziehen, ist meist ein Verlustgeschäft, da die Steuerersparnis die Investitionskosten nie vollständig ausgleicht.
Was können kleine Unternehmen unterjährig machen, damit der Jahresabschluss nicht zum Stress wird?
Während des Jahres helfen regelmässige Buchhaltungsupdates, digitale Tools, klare Ablagestrukturen und ein monatlicher Check der Finanzen. Wenn immer möglich sollte die Buchhaltung stets nachgeführt und allfällige Unklarheiten besser schon während des Jahres mit dem Treuhandunternehmen besprochen werden.
Wie organisieren kleinere Unternehmen die Buchhaltung für die kommenden Geschäftsjahre am besten?
Grundsätzlich gibt es zwei Strategien: einerseits das Outsourcing an ein Treuhandbüro, andererseits die eigenständige digitale Verarbeitung der Buchhaltung. Ersteres erfordert ein gutes Ablagesystem und eine gute Kommunikation mit dem Treuhandbüro. Zweiteres ist abhängig vom gewählten Buchhaltungssystem. Wichtig ist, dass das Treuhandbüro die entsprechende Buchhaltungssoftware ebenfalls unterstützt und zu nutzen weiss, um der Mandant:in einen möglichst effizienten Ablauf zu gewähren.
Woran müssen KMU am Jahresende sonst noch denken – auch im Hinblick aufs neue Jahr?
Zum Jahresende sollten Unternehmen ihre strategischen Ziele überprüfen und die Ziele für das neue Jahr definieren, Personalgespräche führen und die Personalplanung aufgleisen sowie Marketingmassnahmen fürs neue Jahr planen. Dabei gilt es, immer auch ein Augenmerk auf die wirtschaftlich und politisch geprägten Entwicklungen (z. B. Zölle, Abschaffung des Eigenmietwerts usw.) bzw. deren möglichen Einflüsse aufs Geschäft zu legen. Nicht zu vergessen sind die Budgetplanung und die daraus folgende Zieldefinitionen. Allenfalls ergibt es auch hier Sinn, gerade für den finanziellen Teil, das Treuhandbüro einzubeziehen.