Open Innovation bei PostFinance: gemeinsam innovativ(er)

09.09.2025

Die Wirtschaft braucht neue Ideen und Ansätze. Eine wertvolle Quelle dafür ist Open Innovation. Mit dieser Methode nutzen Unternehmen gezielt Impulse von aussen, um Produkte, Dienstleistungen und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Wie PostFinance Open Innovation lebt, zeigt Mathias Strazza, Head of VNTR auf.

In Kürze

  • Mit Open Innovation öffnen Unternehmen ihren Innovationsprozess bewusst für externe Partnerschaften wie Startups, Hochschulen, Technologieanbieter und andere Unternehmen, um schneller zu innovieren.
  • Wie nutzt PostFinance Open Innovation? Mathias Strazza erklärt, wie durch den gezielten Austausch mit der Aussenwelt neue Impulse und marktfähige Lösungen entstehen.
  • Was bringt es konkret? Die beiden Praxisbeispiele tilbago und Cardossier zeigen, wie mit Open Innovation marktfähige Angebote entstehen.

In vielen Unternehmen herrscht noch immer das sogenannte «Not-Invented-Here-Syndrom» – und damit besteht die Tendenz, interne Ideen zu bevorzugen. Open Innovation verfolgt einen anderen Ansatz. Statt Innovationen hinter verschlossenen Türen zu hüten, setzt dieser Ansatz auf Offenheit, Kooperation und externes Know-how.

Was ist Open Innovation?

Open Innovation bedeutet, dass Unternehmen ihren Innovationsprozess öffnen, um gemeinsam mit externen Organisationen wie Startups, Universitäten und Hochschulen, Trend- und Zukunftsinstituten oder anderen Unternehmen und Netzwerken zu innovieren. Dank der Aussenperspektive werden Scheuklappen abgelegt und der Blick richtet sich auf Aspekte, die das Unternehmen selbst nicht auf dem Radar hatte.

Das Hauptziel von Open Innovation besteht darin, Zugang zu einem breiteren Spektrum an Ideen, Fachwissen und Ressourcen zu erhalten, als dies intern möglich wäre. Denn: Gemeinsam kann mehr Wissen generiert werden als im Alleingang. Wenn also zum Beispiel ein Finanzinstitut zusammen mit Externen eine Lösung für Onlinebetreibungen entwickelt, steckt Open Innovation dahinter.

4 Gründe für Open Innovation

Dass Open Innovation immer beliebter wird, hat seine Gründe: Die Methode unterstützt Unternehmen dabei, in einem dynamischen, komplexen und global vernetzten Umfeld innovativ zu bleiben. Wer externes Wissen systematisch einbezieht, kann grundsätzlich schneller auf Marktveränderungen reagieren, technologische Entwicklungen besser nutzen und die Innovationskosten senken.

  • Innovationen entstehen heute oft aus der Verbindung unterschiedlicher Technologien. Kaum ein Unternehmen kann alle Kompetenzen intern abdecken.

  • Kundenbedürfnisse ändern sich rasant. Open Innovation hilft, Trends früh zu erkennen und schneller darauf reagieren zu können. Der Austausch mit externen Ideengebern trägt dazu bei, dass neue Produkte markt- und kundennäher entwickelt werden können, was die Kundenbindung stärken kann.

  • National tätige Unternehmen, die sich öffnen, können auf Ideen und Lösungen aus einem globalen Netzwerk zugreifen. So entstehen Innovationen schneller und vielfältiger als durch rein interne Entwicklungen.

  • Mit Open Innovation lassen sich möglicherweise Entwicklungszeiten und -kosten senken, da bereits vorhandene Lösungsansätze und externes Expertenwissen genutzt werden können.

Open Innovation im Bankenbereich: Chancen und Grenzen

Open Innovation setzt voraus, dass Unternehmen sich öffnen, externes Know-how einholen und eigenes Wissen teilen. In der hochregulierten Finanzbranche scheint das auf den ersten Blick kaum praktikabel. Man würde meinen, dass hier eher Tresor- statt Schwingtüren vorgefunden werden. Doch das Gegenteil ist der Fall: Gerade wenn sich Neues aus Gründen der Sicherheit oder des Datenschutzes nicht bankenintern testen lässt, können Partnerschaften mit der Aussenwelt hilfreich sein. Sie ermöglichen es, Ideen in einem externen und damit grundsätzlich weniger sensiblen und regulierten Umfeld auszuprobieren, bevor entschieden wird, ob das Thema intern weiter vorangetrieben werden soll. Damit gewinnen die Banken beim Testen an Effizienz. Richtig umgesetzt, kann Open Innovation gerade der Finanzbranche grosse Chancen eröffnen.

Wie PostFinance Open Innovation nutzt: Interview mit Mathias Strazza

Mathias Strazza, Head VNTR – Innovation & Venturing by PostFinance

Welche Rolle spielt Open Innovation bei VNTR?

Unsere Aufgabe bei VNTR ist es, sicherzustellen, dass PostFinance keine relevanten Themen verpasst. Dazu versuchen wir, die Zukunft zu antizipieren und beschäftigen uns mit Themen, Technologien und möglichen Geschäftsmodellen, die bei PostFinance noch nicht adressiert sind. Open Innovation ist dabei ein Hauptpfeiler unserer Arbeit. Wir wollen die externe Sicht und die Aussenwelt nutzen, um Impulse und auch konkrete Innovationen zu erhalten – von Startups, von Hochschulen, Technologiepartnern und Innovationsnetzwerken aus dem In- und Ausland. Denn Partnerschaften und Beteiligungen sind heute ein wichtiger Bestandteil, um als Unternehmen zukunftsfähig zu bleiben. Alles selbst neu und allein zu entwickeln, ist nicht sinnvoll. Die Aussenwelt kann genutzt werden, um gemeinsam und schnell zu innovieren.

Wie gelingt es VNTR, Impulse von aussen zu erhalten?

Wir bauen gezielt Netzwerke auf zu Themen, die für uns relevant sind. Ein Beispiel: In Berlin sind zahlreiche Startups aus dem Finanzbereich, sogenannte FinTechs, angesiedelt. In diesem Ökosystem schauen wir uns genau um und pflegen Kontakte. Auch in nordischen Ländern, die als Vorreiter in der Digitalisierung gelten, tauschen wir uns intensiv mit Netzwerkpartnern aus. In diesen Ökosystemen sind Probleme sowie vielfältige Lösungsansätze bereits entstanden, die in Bezug auf eine digitalere Schweiz noch auf uns zukommen werden. So können wir direkt vom Vorsprung in diesen Ländern profitieren und erhalten einen Blick in die Zukunft. Mit dem Überblick über die dortige FinTech-Welt können wir also konkrete Fragestellungen diskutieren wie «Welche bargeldlosen Lösungen für Kinder gibt es bei euch?» oder über Veranstaltungen Wissen aufbauen. In Dänemark besuchten wir unter anderem die FinTech-Week, in der die Player der «nordischen» Finanzindustrie – sowohl Startups als auch Banken – die neusten Entwicklungen diskutieren. Ein spannender Aspekt: An einem Roundtable sagten vier Finanzinstitute genau dasselbe, nämlich dass sie ohne Aussenwelt gar nicht mehr innovieren könnten. Startups würden es ihnen ermöglichen.

Es braucht heute Partnerschaften und Beteiligungen, um in der Finanzindustrie innovieren zu können.

Welche Formen von Open Innovation nutzt VNTR?

Bei VNTR unterteilen wir unsere Aktivitäten in Build, Partner und Invest.

Bei Build, der Erarbeitung von innovativen Lösungen, kann Co-Creation eine Form von Open Innovation sein. Das heisst, dass wir die Lösung mit externer Unterstützung bauen.

Bei der Zusammenarbeit mit Partnern bedeutet Open Innovation zum Beispiel, dass wir gezielt nach Startups suchen, die uns eine Lösung für eine Herausforderung bieten, die wir im Unternehmen identifiziert haben. In einem nächsten Schritt testen wir die bereits vorhandene Lösung mit einem Proof of Concept bzw. einer Machbarkeitsstudie und entscheiden uns bei einem Go, ob wir sie zum Beispiel mit dem Startup gemeinsam weiterentwickeln oder sie als Kunde nutzen wollen. Man spricht bei diesem Vorgehen von Venture Clienting.

Weiter investieren wir im Rahmen von Minderheitsbeteiligungen in Startups, um beispielsweise frühen Zugang zu einer neuen Technologie zu erhalten und in diesem Bereich mit ihnen zusammenzuarbeiten. Dabei lernen wir bereits bei der Suche nach spannenden Startups enorm viel, da wir durch gezielte Marktanalysen Evidenz zur Entwicklung relevanter Technologien erhalten. Auch das ist eine Form von Open Innovation, genauso wie wenn wir unsere PostFinance-Spezialist:innen mit Externen zusammenbringen, um über ein aufkommendes Thema zu diskutieren oder wenn wir uns mit Innovationsteams anderer Unternehmen oder Hochschulen austauschen.

In welchen Themenbereichen sind Partnerschaften für VNTR interessant?

Prinzipiell in allen unseren Innovationsfeldern. Dort fassen wir Trends zu Clustern zusammen, die PostFinance noch nicht im Fokus hat. Es sind Trends, die wir als unsicher einstufen, aber wenn sie realisiert werden, haben sie einen hohen Impact auf die Unternehmung. Eines unserer aktuellen Innovationsfelder vereint Trends rund um digitale Zahlungen basierend auf der Blockchaintechnologie (Distributed Ledger Technology Payments, kurz DLT Payments).

Ein anderes Innovationsfeld fokussiert auf Human Augmentation, also das Bedürfnis des Menschen, sich mit technischen Geräten selbst zu optimieren. Spannend für uns sind Partnerschaften, die uns Zugang zu relevanten Technologien, relevantem Wissen und Geschäftsmodellen verschaffen. Das sind allem voran Partnerschaften mit FinTechs aus dem Finanzbereich, InsureTechs aus dem Versicherungsbereich oder PropTechs aus dem Immobilienbereich. Oder wir suchen nach Partnern, die uns bei einer konkreten Problemstellung weiterhelfen können.

Welche ganz neuen Themen tauchen gerade am Horizont auf?

Es sind Themen wie Self Adaptive Systems, also Systeme, die sich von selbst anpassen oder Emotional Systems and Interaction, also Systeme, die Produkte anhand menschlicher Emotionen im Design anpassen. Gerade bei solch grossen und komplexen Themen werden wir versuchen, mit Open Innovation vertiefte Einblicke zu erhalten und Fragen zu klären wie: «Wo gibt es das schon?», «Sind wir bei diesen Themen noch in der Forschung oder bereits bei Anwendungsfällen?», «Welche Startups beschäftigen sich damit?» usw.

Open Innovation konkret: Beispiele tilbago und Cardossier

  • tilbago entstand aus einer externen Idee. Im November 2015 schlug ein vierköpfiges Team mit einem Businesscase bei PostFinance eine neuartige Lösung zur automatischen Abwicklung von Betreibungsbegehren für Firmenkunden vor. Allerdings nicht wie gehabt für Grossfirmen, die sich teure Software oder ein Outsourcing des Inkassos leisten können. Vielmehr richtet sich die Lösung an all die kleinen und mittleren Unternehmen, für die das Einfordern offener Rechnungen kompliziert und kostspielig war.

    Zusammen mit VNTR wurde das Projekt vorangetrieben, um es im Spätherbst 2016 als Cloudlösung unter dem Namen tilbago auf den Markt zu bringen – ganz bewusst nicht als «gelbes» Produkt aus dem Hause PostFinance, sondern unter einer eigenen Marke. Dies führte dazu, dass mittlerweile sogar andere Banken das Produkt ihren Firmenkunden anbieten. PostFinance ist an tilbago beteiligt.

    Der Link öffnet sich in einem neuen Fenster Mehr erfahren auf tilbago.ch

  • Als 2019 der Non-Profit-Verein Cardossier gegründet wurde, zählte PostFinance zu den wenigen Gründungsmitgliedern. Heute sind insgesamt knapp 30 namhafte Unternehmen und Organisationen mit an Bord. Die gleichnamige Plattform zielt darauf ab, Standardprozesse im Automotive-Markt unternehmensübergreifend zu digitalisieren und zu standardisieren. Konkret: Alle Netzwerkteilnehmer – also Importeure, Händler, Versicherungen, Strassenverkehrsämter, Garagen, Käufer und Verwerter – können sich dank standardisierter Schnittstellen sicher vernetzen und Daten austauschen. So wird – nur zum Beispiel – der Fahrzeugwechsel für alle Involvierten bedeutend einfacher.

    Auch dies ist eine Form von Open Innovation: Mit der Mitgliedschaft sicherte sich VNTR nicht nur Erkenntnisse beim Aufbau eines branchenweiten Ökosystems, sondern entdeckte auch Innovationsvorhaben. Aus diesem Netzwerk heraus wurde das Produkt Bankident PostFinance lanciert, mit dem sich Kund:innen bei Vertragsabschlüssen in anderen Geschäftsprozessen (bspw. dem Autoleasing) online und selbstständig mit den E-Finance-Zugangsdaten identifizieren können. Aktuell testet PostFinance ausserdem auch neue, auf das Ökosystem massgeschneiderte Zahlungsprozesse, aus denen ebenfalls ein neues Angebot resultieren könnte.

    Der Link öffnet sich in einem neuen Fenster Mehr erfahren auf cardossier.ch
    Weiter zu Bankident PostFinance 

Lesetipp: Im Successbook liefert VNTR Innovation & Venturing by PostFinance Einblicke in weitere erfolgreiche Innovationsgeschichten. Angereichert ist das Buch mit viel Innovations-Know-how, Expertenwissen aus der Schweiz und dem Ausland sowie mit aussergewöhnlichen Bildstrecken und Illustrationen. Besonders packend ist der Lesestoff in Kombination mit dem Failbook.

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