Kleinunternehmer, die ihren Absatzmarkt vergrössern möchten, finden im Export eine interessante Möglichkeit. Gemäss Bundesamt für Statistik haben Schweizer Unternehmen im vergangenen Jahr Güter im Wert von rund 312 Milliarden Franken exportiert. «Das beliebteste Exportland ist Deutschland», weiss Henrique Schneider, stellvertretender Direktor beim Schweizerischen Gewerbeverband. «Das liegt einerseits an der geografischen Nähe, andererseits aber auch an der sprachlichen und kulturellen.» Weit oben rangieren neben Grossbritannien, Frankreich und Italien auch die USA und China. «Ich rate insbesondere kleinen Unternehmen, sich auf ein, zwei Märkte zu fokussieren.» Denn der Aufwand sei, gerade am Anfang, nicht zu unterschätzen. Folgende vier Fragen muss sich jeder Unternehmer stellen, der exportieren will.
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Ab ins Ausland: Eine erste Starthilfe für den Export im Kleinunternehmen
Mit dem richtigen Produkt können auch kleine Unternehmen im Ausland neue Kunden gewinnen. Doch worauf müssen Kleinunternehmer achten, wenn sie ihre Produkte exportieren wollen? Henrique Schneider vom Schweizerischen Gewerbeverband weiss Rat.
Frage 1: Eignet sich mein Produkt für das präferierte Zielland?
«Nur weil sich ein Produkt in der Schweiz gut verkauft, heisst das noch lange nicht, dass es in einem anderen Land eine Nachfrage dafür gibt», sagt Schneider. Zudem seien die Vorstellungen – nicht nur punkto Qualität und Preis – oft unterschiedlich. «Ich kenne ein Unternehmen, das LED-Lampen in den Senegal verkaufen wollte. Der Inhaber argumentierte jeweils mit der langen Lebensdauer von LED-Leuchtmitteln. Das war den Verantwortlichen vor Ort aber überhaupt nicht wichtig. Für sie war LED eine Innovation und genau das wollten sie hören. Auf die Idee, diesen Punkt hervorzuheben, ist der Unternehmer anfangs gar nicht gekommen, weil die Technologie in der Schweiz längst keine Innovation mehr war.» Es sei daher unabdingbar, sich intensiv mit dem Zielmarkt auseinanderzusetzen.
Frage 2: Darf ich mein Produkt in das präferierte Zielland exportieren?
Trotz offener Märkte und Freihandelsabkommen kann die Ausfuhr in bestimmte Länder beispielsweise aus sicherheitspolitischen Gründen verboten werden. Es gibt zudem heikle Produkte wie Chemikalien, militärische Erzeugnisse oder Dual-Use-Güter. «Hierbei handelt es sich um Güter oder Produktteile, die als Teil einer Waffe eingesetzt werden können», erklärt Schneider. «Solche Produkte benötigen eine Genehmigung des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO». Weiter müssen die Einfuhrvorgaben des jeweiligen Landes abgeklärt werden. «In südamerikanischen Ländern ist es zum Beispiel üblich, dass das Finishing vor Ort gemacht werden muss.» In diesem Fall müsste man sich einen Produktionspartner suchen. Und nicht zu vergessen: Oftmals haben einzelne Provinzen, Regionen oder Bundesstaaten nochmals unterschiedliche Vorgaben.
Frage 3: Wie verkaufe ich mein Produkt in das präferierte Zielland?
«Idealerweise hat ein Unternehmen Kontakte im Zielland, die helfen können, Fuss zu fassen», sagt Schneider. «Hilfreich sind zudem Messen.» Sie seien ein gutes Eintrittstor – wenn auch eher, um den Markt einzuschätzen, als um zu verkaufen. Wer direkt exportiert, hat einen grösseren Aufwand, dafür geringere Kosten und den persönlichen Kontakt zum Kunden. Dieser fehlt bei einem Mittelsmann in der Regel. Dafür kennt sich ein lokaler Profi mit den Gegebenheiten aus. Sein Know-how und sein Netzwerk kosten aber. «Aufgrund der komplizierten Deklaration bei Lebensmitteln würde ich beispielsweise eher einen Partner empfehlen. Ich kenne aber einen kleinen Schweizer Lebensmittelverarbeiter, der seine Waren komplett selbstständig nach China exportiert.» Letztlich hänge es mehr vom Unternehmer als vom Produkt ab, ob man selber exportiert oder einen Vertriebspartner sucht.
Frage 4: Wie transportiere ich mein Produkt in das präferierte Zielland?
Die Wahl des Transportmittels hängt vom Erzeugnis ab. Während sich einige Produkte gut per Post versenden lassen, benötigen andere einen Spediteur. «Ich würde einen Logistiker hinzuziehen», rät Schneider. «Dieser kennt die Bedingungen der einzelnen Länder und übernimmt auf Wunsch auch die Verzollung, die meist sehr kompliziert ist.» Natürlich kann man sich aber auch selber darum kümmern. Waren, die exportiert werden, müssen beim Schweizer Zoll angemeldet werden. Exportzölle und Mehrwertsteuer fallen bei der Ausfuhr nicht an, dafür werden in fast allen Ländern Importzölle und in vielen auch eine Mehrwertsteuer erhoben. Dazu kommen die Transportkosten. «Innerhalb der Europäischen Union sind die Kosten überschaubar.» Um eine vorgängige, saubere Kalkulation komme man aber in keinem Fall herum.
Noch Fragen?
Wer das erste Mal exportiert, holt sich am besten Hilfe von einem Spediteur. Dieser kennt die Formalitäten und weiss, worauf man achten muss. Wertvolle Informationen zum Export findet man zudem bei der Eidgenössischen Zollverwaltung, dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), der Schweizerischen Post sowie bei Branchenverbänden oder bei der entsprechenden Handelskammer.
Über den Experten
Der Ökonom Henrique Schneider ist der stellvertretende Direktor des Der Link öffnet sich in einem neuen Fenster Schweizerischen Gewerbeverbands sgv und dort zuständig für die Ressorts Wirtschaftspolitik, Energie und Umwelt.