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Erstellt am 27.02.2019

So meistern kleine Unternehmen die grossen Herausforderungen beim Finden und Binden von Personal

Kleinunternehmen sind im Kampf um gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besonders gefordert. Martina Zölch von der Hochschule für Wirtschaft FHNW zeigt fünf Herausforderungen, die Kleinunternehmen beim Finden und Binden von Personal zu meistern haben.

Professorin Martina Zölch im Gespräch über die Herausforderungen bei der Personalrekrutierung im Kleinunternehmen

Herausforderung 1: Halten Sie sich nicht an lieb gewonnenen Rekrutierungsgewohnheiten fest

In gewissen Berufen und Branchen ist es schwierig geworden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden. Kleine Unternehmen sind von diesem Arbeitskräftemangel in besonderem Masse betroffen, da sie auf dem Arbeitsmarkt im Kampf um passende Angestellte gegen die grösseren Unternehmen antreten müssen. Manche Kleinunternehmen machen nun den Fehler, an lieb gewonnenen Rekrutierungsgewohnheiten festzuhalten: Sie suchen nur regional, setzen nur auf einen bestimmten Mitarbeitertypen oder rekrutieren bereits seit Jahren über dieselben Kanäle. Dabei wäre es empfehlenswert, sich als Kleinunternehmen bei den Fragen «Wen suchen wir?» und «Wie suchen wir?» zu öffnen. Denken Sie also zum Beispiel bei der Zielgruppe auch an Quer- und Wiedereinsteigende oder bei den Rekrutierungskanälen an die Möglichkeit, Ihre Netzwerke zu aktivieren oder über die stete Kontaktpflege zu Abgängerinnen und Abgängern Ehemalige zurückzugewinnen. 

Herausforderung 2: Lernen Sie Ihre Stärken als Arbeitgeber kennen

Kleinunternehmen können auf dem Arbeitsmarkt in der Regel weder mit einer starken Marke noch mit kostspieligen Rekrutierungskampagnen oder – im Vergleich zu den grossen Konkurrenten – mit hohen Löhnen auftrumpfen. Selbstverständlich ist der Lohn ein wichtiges Thema. Aber er steht bei den allermeisten Beschäftigten bei Weitem nicht an erster Stelle und somit ist der Lohn nicht die einzige Möglichkeit, Arbeitnehmende zu gewinnen. Denn kleine Unternehmen verfügen über zahlreiche andere Stärken, die sie als Arbeitgeber attraktiv machen, wie zum Beispiel:

  • Interessante Produkte und Dienstleistungen
  • Ganzheitliche und vielfältige Aufgaben
  • Grosse Kundennähe
  • Wenig Bürokratie und rasche Reaktion auf Veränderungen
  • Familiäres Klima
  • Inhaberinnen/Inhaber und Mitarbeitende schauen wechselseitig zueinander

Treten Sie nicht in die Konkurrenzfalle, indem Sie sich fragen, was Ihr kleines Unternehmen im Vergleich zu den grossen nicht bieten kann. Sondern werden Sie sich der Stärken Ihres Unternehmens bewusst und rücken Sie diese bei der Kommunikation auf dem Arbeitsmarkt in den Vordergrund. Sie nutzen damit zum einen die Möglichkeit, sich als Arbeitgeber in Ihrer Einzigartigkeit zu positionieren, und können so in bescheidenem Rahmen eine Arbeitgebermarke aufbauen. Und zum anderen verstärken Sie – wenn Sie den Stärkenkatalog gemeinsam mit Ihren bestehenden Mitarbeitenden erarbeiten – die Bindung der bestehenden Belegschaft.

Herausforderung 3: Rekrutieren Sie intern

Oft wird in Unternehmen vergessen, für geplante neue Stellen die internen Potenziale anzuzapfen und intern zu rekrutieren. Klären Sie in Mitarbeitergesprächen systematisch und frühzeitig ab, wer bereit ist und das Potenzial hat, sich innerhalb des Unternehmens weiterzuentwickeln, und welche Entwicklungsmassnahmen notwendig sind, damit die Person die geforderten Aufgaben künftig erfüllen kann.

Dabei stehen eine Palette an Entwicklungsmöglichkeiten zur Verfügung. Hierzu gehören Weiterbildungsmöglichkeiten ausserhalb des Arbeitsplatzes (off the Job) zum Beispiel im Rahmen von Fortbildungsseminaren oder Ausbildungs- und Weiterbildungslehrgängen. Auch der Nachholbildung sollte ein besonderes Augenmerk gewidmet werden. Ein grosses Potenzial für die Personalentwicklung steckt zudem in der Ausbildung am Arbeitsplatz (on the Job). So bieten die Erweiterung des Aufgabenprofils, die Übernahme von Arbeiten mit höherem Anforderungsniveau oder der Einsatz in Projekten ausgezeichnete Entwicklungsmöglichkeiten. Diese können durch arbeitsplatznahe Massnahmen (near the Job) wie Götti-Systeme, Mentoring oder fachliches Coaching unterstützt sowie durch teamorientierte Massnahmen wie Wissenstandems oder Erfahrungsaustausch (ERFA-Gruppen) ergänzt werden.

Herausforderung 4: Delegieren Sie

In kleinen Unternehmen besteht die Gefahr, dass die Chefinnen und Chefs viel selbst entscheiden und alle wichtigen Aufgaben selbst erledigen wollen. Dadurch verpassen sie es, Verantwortung zu delegieren und Mitarbeitenden mit Potenzial interessante Aufgaben anzubieten, die sie weiterbringen. Überlegen Sie sich deshalb, welche Aufgaben Sie als Inhaberin, als Inhaber eines Kleinunternehmens an Ihre Mitarbeitende abgeben können. Sie verstärken damit nicht nur die Personalbindung, weil Sie Ihren Mitarbeitenden Möglichkeiten zur beruflichen und persönlichen Weiterentwicklung anbieten, sondern sie entlasten damit auch sich selbst. 

Herausforderung 5: Seien Sie flexibel

Das Bedürfnis der Beschäftigten nach flexiblen Arbeitsmodellen ist gestiegen – sei es, weil Mitarbeitende Beruf und Familie unter einen Hut bringen möchten, was zunehmend auch im Rahmen der Betreuung pflegebedürftiger Familienangehöriger der Fall ist, oder weil sie ihre Freizeit nach ihren Wünschen gestalten wollen. Halten nun Kleinunternehmen am Grundsatz fest, ausschliesslich 100%-Stellen anzubieten, sind sie auf dem Arbeitsmarkt im Nachteil. Nicht nur gegenüber den grossen Unternehmen, sondern auch gegenüber den innovativen Startups, die flexible Ansätze in ihrer Grundhaltung leben. Wenn Unternehmen mehr Flexibilität zulassen, sind auch die Beschäftigten eher bereit, sich über das Geforderte hinaus für das Unternehmen zu engagieren. Bieten Sie daher, wenn immer es die Aufgabe und das Geschäft zulassen, flexible Arbeitsmodelle in Bezug auf die Arbeitszeit und/oder den Arbeitsort an. Erwägen Sie zum Beispiel, Blockzeiten abzuschaffen und Homeoffice-Tage einzuführen. Ihr Kleinunternehmen gewinnt mit flexiblen Arbeitsmodellen an Flexibilität bei Auftragsschwankungen. Zudem erhöhen Sie Ihre Attraktivität als Arbeitgeber und die Bindung der Mitarbeitenden an Ihr Unternehmen. 

Über Martina Zölch

Prof. Dr. Martina Zölch ist seit 2012 Leiterin des Instituts für Personalmanagement und Organisation (PMO) an der Hochschule für Wirtschaft der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW). Zu ihren Kernkompetenzen als HR-Expertin gehören Rekrutierung, Demografiemanagement, Führungskräfteentwicklung sowie flexible Arbeitsmodelle. Das PMO bietet einen CAS Integriertes Personalmanagement für kleine Unternehmen an. Unter demselben Titel ist 2018 ein Praxisratgeber im Springer-Verlag erschienen.

Martina Zölch, Leiterin des Instituts für Personalmanagement und Organisation (PMO) an der Hochschule für Wirtschaft FHNW
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