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Erstellt am 27.02.2019

Einführung von neuen Mitarbeitenden

Neues Teammitglied an Bord? Welche Probleme bei der Einführungsphase – dem sogenannten Onboarding – zu vermeiden sind, erläutert Prof. Dr. Peter Kels von der Hochschule Luzern in diesem Expertenbeitrag.

Prof. Dr. Peter Kels doziert an der Hochschule Luzern – Wirtschaft als Professor für Human Resource Management, Führung und Innovation.

Die professionelle Einführung neuer Mitarbeitender ist einer der wichtigsten, in der Praxis aber mitunter vernachlässigten Massnahmen, um den Personalbedarf zu sichern. Aus Studien wissen wir, dass je nach Kontext zwischen 30% und 60% der Arbeitnehmenden das gewählte Unternehmen in den ersten 6 bis 12 Monaten bereits wieder verlassen. Diese Frühfluktuation erzeugt hohe Kosten, denn die erneute Suche, Einstellung und Einarbeitung eines Mitarbeitenden ist zeitaufwendig und auch teuer. Zudem erschweren Frühfluktuationen eine kontinuierliche Leistungserstellung auf Teamebene.

Realitätscheck in der Einführungsphase

Empirische Untersuchungen zur Einführung von Mitarbeitenden haben unterschiedliche wiederkehrende Probleme bei der Personaleinführung identifiziert. Besonders wichtig zu wissen ist, dass die im Rekrutierungsprozess gemachten Aussagen und entstandenen Erwartungen an den Arbeitgeber bereits im Einstellungsprozess einem Realitätscheck unterzogen werden. Mitunter unbewusst wird zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer ein sogenannter psychologischer Vertrag ausgehandelt. Dieser regelt in Ergänzung zum schriftlichen Arbeitsvertrag die nicht schriftlich fixierbaren Bestandteile der Arbeitsbeziehung wie zum Beispiel die Erwartungen des Arbeitnehmers an den Anregungs- und Lerngehalt der Arbeitsaufgaben oder den Grad an Eigeninitiative und Flexibilitätsbereitschaft. Grundlage dazu sind oftmals nicht explizit formulierte, aber trotzdem wirkungsmächtige wechselseitige Erwartungen an die Zusammenarbeit. Psychologische Verträge sind – so könnte man sagen – der fundamentale Kitt gelingender Arbeitsbeziehungen.

So vermeiden Sie Realitätsschocks

Zu einem regelrechten Realitätsschock kann es zum Beispiel kommen, wenn einem neuen Angestellten die Mitarbeit in einem spannenden Projekt in Aussicht gestellt wurde, dieses aber aus betrieblichen Gründen kurz nach Jobantritt auf Eis gelegt wird. Doch was kann ein Unternehmen tun, um enttäuschte Erwartungen oder falsche Versprechen zu vermeiden? Überlegen Sie sich gut, wie Sie im Rekrutierungsprozess sich selbst, das Unternehmen und die zu besetzende Stelle realistisch präsentieren können. Kommunizieren Sie also alle Rahmenbedingungen ehrlich und ungeschönt. Im obigen Beispiel wäre es etwa besser gewesen, darauf hinzuweisen, dass das Projekt nicht sicher durchgeführt werden kann. Und achten Sie im Onboardingprozess darauf, dass Sie allfällige Enttäuschungen früh erkennen, um mit dem Mitarbeiter nach Lösungen zu suchen.

Die Abbildung aus dem «Themenspecial 2018: Employer Branding» zeigt, wie Arbeitnehmende reagieren, wenn die Versprechen des Arbeitgebers nicht eingehalten werden. 82,9% der Befragten geben an, dass sie sich nach einem anderen Job umsehen, 41,6%, dass sie kündigen, 62,9%, dass ihre Arbeitsleistung sinkt, 79,6%, dass sie bei der Arbeit weniger motiviert sind, und 36,6%, dass sie schlecht über ihren Arbeitgeber reden.

Wann beginnt das Onboarding – und wann endet es?

Das Onboarding beginnt also bereits mit dem Rekrutierungs- und Selektionsprozess, da dort die Grundlagen für den psychologischen Vertrag gelegt werden, und endet erst, wenn ein neuer Mitarbeitender sich fachlich, sozial und kulturell gut ins Unternehmen integriert hat, seine Leistungsfähigkeit entfaltet hat, sich im Unternehmen hinreichend vernetzt hat und zu einem Insider der Organisation geworden ist. Wie lange dies dauert, hängt vom Umfang und Komplexitätsgrad der Arbeitsaufgaben, von der Grösse und Komplexität der Organisation und anderen Faktoren ab. Bei komplexeren Fach- und Führungsaufgaben spricht man von einem Zeitraum von 12 bis 18 Monaten. Das heisst, das Onboarding geht deutlich über den Zeitraum der Probezeit von 3 bis 6 Monaten hinaus.

Begleiten Sie neue Mitarbeitende professionell

Das wichtigste Ziel des Onboardings ist es, die neuen Mitarbeitenden umfassend dabei zu unterstützen, schnell in die neue Arbeitsaufgabe und Rolle, ins Team und in das Unternehmen hineinzuwachsen. Dies gelingt am besten über einen professionellen Einführungsprozess mit vier Hauptmassnahmen:

  • Erstellen Sie ein Einführungsprogramm, das neben einer persönlichen Begrüssung durch das Team auch Informationen enthält zur Firmenstrategie, zum Arbeitszeitmodell, zur IT-Nutzung usw.
  • Stellen Sie dem neuen Angestellten einen erfahrenen Mitarbeitenden als Mentor zur Seite und beauftragen sie diesen, den neuen Angestellten im möglichen zeitlichen Rahmen beim Prozess der Einarbeitung und der Auseinandersetzung mit rollen- und leistungsbezogenen Erwartungen zu unterstützen, sodass der neue Mitarbeitende Klarheit gewinnt bezüglich seiner Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortungen.
  • Helfen Sie Neuankömmlingen dabei, firmenkulturelle Werte sowie Spielregeln der Zusammenarbeit im Unternehmen zu verstehen und sich sukzessive zu Insidern zu entwickeln.
  • Bauen Sie zum neuen Mitarbeitenden eine persönliche Beziehung auf und pflegen Sie diese, am besten durch einen regelmässigen offenen Dialog auf Augenhöhe.

Investieren Sie in die sozialen Beziehungen

Und wie etablieren Kleinunternehmen langfristig robuste Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen, um die Mitarbeitenden ans Unternehmen zu binden? Investieren Sie dazu in eine gute Arbeitsbeziehung und einen gelingenden psychologischen Vertrag. Sind Arbeitnehmer mit ihrer Arbeitsbeziehung und ihrem psychologischen Vertrag zufrieden, ist das Risiko, dass sie das Unternehmen wechseln – etwa, wenn sie ein besser bezahltes Jobangebot von der Konkurrenz erhalten – deutlich geringer, als wenn sie hier unzufrieden sind. Dabei sind folgende Aspekte relevant:

  • Eine abwechslungsreiche und herausfordernde Tätigkeit
  • Die Aussicht, sich beruflich weiterentwickeln zu können und hierbei vom Arbeitgeber unterstützt zu werden
  • Eine Kultur der Führung und Zusammenarbeit, die geprägt ist durch wechselseitige Wertschätzung, Vertrauen, den konstruktiven Umgang mit Problemen, Fehlern und Konflikten
  • Eine Kommunikation miteinander auf Augenhöhe
  • Der offene Austausch von Informationen
  • Regelmässiges Feedback
  • Spielräume für Selbstorganisation, Mitsprache und Eigeninitiative.

Demzufolge geht es darum, an der Kultur der Führung und Zusammenarbeit bewusst zu arbeiten und zudem jedem einzelnen Mitarbeitenden Möglichkeiten zu bieten, eigene Potenziale und Fähigkeiten im Arbeitsprozess entfalten zu können. Voraussetzung hierfür ist, dass Mitarbeitende erkennen, dass sie ihre Persönlichkeit und ihre Potenziale in das Unternehmen einbringen dürfen und sollen und dass sie auch Kritisches und Hinderliches anbringen können.

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Über Prof. Dr. Peter Kels

Prof. Dr. Peter Kels

Seit 2012 lehrt und forscht Prof. Dr. Peter Kels an der Der Link öffnet sich in einem neuen Fenster Hochschule Luzern – Wirtschaft als Professor für HRM, Führung und Innovation. Am Competence Center General Management des Instituts für Betriebs- und Regionalökonomie leitet er mehrere anwendungsorientierte Forschungsprojekte. Aktuelle Forschungsthemen sind die digitale Transformation von Arbeitswelt und Gesellschaft, das Führen von Experten, die Lern- und Erneuerungsfähigkeit von Organisationen, neue Karriere- und Personalbindungsmodelle, People Analytics und die Gewinnung und Führung der Generation Y. Peter Kels ist Co-Leiter des Majors HRM im Bachelor Business Administration, unterrichtet HRM im Executive MBA sowie qualitative Forschungsmethoden im Master of Science in Business Administration. Er studierte Soziologie, Psychologie, Betriebswirtschaft und Pädagogik an den Universitäten Frankfurt am Main und Darmstadt und promovierte an der TU Darmstadt in Soziologie.

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