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Erstellt am 09.10.2019

Behavioral Finance: Strategien zum Selbstschutz

Die Forschung im Bereich Behavioral Finance hat eine ganze Reihe von systematischen Fehlern offenbart, die Investoren aus den verschiedensten Gründen begehen. Hier erklären wir, wie Sie die Theorie von Behavioral Finance in die Praxis umsetzen und für Ihre Geldanlage nutzen können.

Die Selbsterkenntnis

Ein wichtiger erster Schritt ist die Erkenntnis, dass wir alle zu irrationalem Verhalten neigen. Die Verhaltensökonomie liefert uns immer wieder Beispiele, selbst von Fachexperten, die sich auf ihrem eigenen Gebiet irrational verhalten. 

Studien von renommierten Autoren wie Daniel Kahneman, Amos Tversky und Richard Thaler zeigen uns, dass sich solches Verhalten nicht nur auf bestimmte Märkte beschränkt, sondern in den verschiedensten Situationen vorkommt. Wenn wir uns dessen bewusst sind, können wir unsere Entscheidungen eher nüchtern betrachten und kritisch hinterfragen.

Langfristige Strategien schlagen kurzfristige Taktiken am Markt

Eine langfristig orientierte Denkweise hilft zudem, viele der gängigen Verhaltensfehler zu vermeiden. So ist es zum Beispiel eher unwahrscheinlich, exakt den «besten» Tag für den Kauf oder Verkauf einer Anlage zu bestimmen. Die Vergangenheit zeigt, dass eine kontinuierliche Anlagestrategie über längere Zeit meistens eine höhere Rendite generiert als kurzfristiges Taktieren. Strategie vor Taktik heisst also die Devise.

Der Mensch, der sich selbst kennt, weiss, dass mögliche kurzfristige Gewinne sehr verlockend sind. Kurzfristige Verluste können zu überstürztem Handeln führen. Eine Möglichkeit diesen Versuchungen zu widerstehen, ist die Odysseus-Strategie nach Hans-Jörg Naumer.

Anbindung an eine rationale Entscheidung

Naumers Grundidee geht auf den antiken Helden Odysseus zurück. Odysseus muss eine ganze Reihe von Gefahren überwinden – unter anderem müssen er und seine Mitstreiter unversehrt den Felsen der Sirenen umschiffen. Sirenen sind bekannt für ihren schönen Gesang, der nur einem Zweck dient: die Seeleute zu verzaubern, sodass sie am Felsen der Sirenen zerschellen und ums Leben kommen.

Odysseus will die Fahrt überleben und trotzdem den Gesang der Sirenen hören. Die Lösung: Er versiegelt die Ohren seiner Mitstreiter auf dem Schiff mit Wachs und lässt sich an den Mast des Schiffes fesseln. So sehr er auch an seinen Fesseln reisst und zieht, er kommt nicht los vom Mast, während seine Kameraden dank dem Wachs in den Ohren dem Sirenengesang nicht erliegen und erfolgreich den Felsen umschiffen.

Die Lehre für die Investoren daraus ist: Entscheiden Sie sich für eine Strategie, dann halten Sie an ihr fest, und lassen Sie sich nicht von den «Sirenengesängen» der Kapitalmärkte beeinflussen, die Sie mit immer neuen Meldungen zu einem hektischen Hin und Her bei Ihren Anlagen verleiten könnten. Halten Sie stattdessen Kurs.

Oft gilt das speziell für vorsichtige Anleger, die viel zu häufig die Performance ihrer Anlagen kontrollieren. Weil sie Kursschwankungen nur schlecht von tatsächlichem Wertverfall unterscheiden können, neigen sie dazu, von ihrer Strategie abzuweichen und vorschnell zu verkaufen, wenn Kurse kurzfristig tauchen. 

Eine konkrete Möglichkeit der Anbindung sind zum Beispiel Anlagestrategiefonds. Sie kombinieren verschiedene Anlagekategorien so miteinander, dass sie Ihrer persönlichen Anlagestrategie entsprechen. Je nach Typ enthalten sie unterschiedlich hohe Aktien- und Obligationenanteile. So kommen Investoren weniger in Versuchung, auf kurzfristige Veränderungen einzelner Anlagen sofort zu reagieren und in eine «Behavioral-Finance-Falle» zu tappen.

Buy and hold – Rendite durchs Nichtstun?

Eine weitere Strategie ist das konsequente Halten von Anlagen, wenn Sie diese einmal gekauft haben. Als Anleger gehen Sie bei dieser Strategie davon aus, dass niemand wirklich weiss, wie sich die Kurse entwickeln, und dass sich niemand durch «Insiderwissen» Vorteile verschaffen kann. Wenn Sie langfristig an der Strategie festhalten, können Sie auch keine Fehlentscheide im Sinne der Verhaltensökonomie begehen.

Gemäss der Effizienzmarkthypothese von Eugene Fama ist dies die beste Strategie, da sie davon ausgeht, dass Märkte effizient sind. Wenn Sie allerdings Ihr Portfolio über längere Zeit nie anpassen, reagieren Sie auch nicht auf Innovationen und strukturelle Veränderungen am Markt.

Indexprodukte als rational beste Option?

Mit Indexprodukten wie Exchange Traded Funds (ETFs) können Sie dieses Problem zumindest teilweise lösen. Diese Produkte bilden Marktveränderungen im eigenen Portfolio kostengünstig ab. Doch mit dem Kauf von Indexprodukten sind Sie Mitläufer und können sich schlecht vor einem «Herdenverhalten» schützen.

Thorsten Hens, Professor für Financial Economics an der Universität Zürich, erklärt zudem, dass ein Finanzmarkt nicht mehr funktionieren würde, wenn alle Anleger nur noch Buy-and-hold-Strategien wählten. Das würde bedeuten, dass es keinen Investor mehr kümmern würde, was morgen an der Börse passiert. Alle hätten nur noch einen langfristigen Anlagehorizont von mindestens zehn Jahren. Die Marktpreise würden nicht mehr die zukünftige Entwicklung der Unternehmen spiegeln, es käme zu grossen Fehlinvestitionen. 

Diversifikation bleibt zentral

Ein breit diversifiziertes Portfolio bietet Schutz vor der Selbstüberschätzung der Investoren. In der Verhaltensökonomie werden sie als «Behavioral Biases» beschrieben. Wenn Sie konsequent diversifizieren, verhindern Sie zum Beispiel, dem «Home Bias» zu verfallen und überproportional viele Anlagen aus Ihrem Herkunftsland zu kaufen.

Dabei sollten Sie auch darauf achten, dass Ihre Diversifikation strategisch erfolgt. Viele Anleger verfallen der sogenannten «naiven Diversifikation» und treffen ihre Entscheidungen nicht auf Basis rationaler Argumente, sondern aufgrund von Erfahrungen. Achten Sie bei der Auswahl von Finanzprodukten auf deren Zusammensetzung. Diese sollte mit der Anlagestrategie kompatibel sein.

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