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Erstellt am 27.02.2019

Dieser Leitfaden bringt System in Ihre Personalsuche

Sie haben sich als Kleinunternehmen dazu entschieden, eine Stelle auszuschreiben, und möchten bei der Personalsuche systematisch vorgehen? Dieser Leitfaden von Christoph Vogel von der Hochschule für Wirtschaft FHNW hilft dabei.

Erstellen Sie ein Aufgaben- und Anforderungsprofil

Erstellen Sie ein Aufgabenprofil, indem Sie sich als Geschäftsführerin, als Geschäftsführer – wenn immer möglich gemeinsam mit dem aktuellen Stelleninhaber/einem Teamkollegen/dem direkten Vorgesetzten – überlegen, welche Aufgaben bei der auszuschreibenden Stelle erfüllt werden müssen.

Beispiel Aufgaben

Aufgaben für eine Stelle im Verkauf eines Uhren- und Schmuckgeschäfts:

  • Beratung und Verkauf von Uhren und Schmuck
  • Warenannahme und Lagerbewirtschaftung sowie Mithilfe bei Inventuren
  • Bearbeitung von Reklamationen und Retouren
  • Pflege- und Ordnungsarbeiten in und vor der Filiale
  • Führung der Kasse

Entwickeln Sie weiter ein Anforderungsprofil, indem Sie jene Anforderungen an die Stelle zusammentragen, die für das Ausüben der Tätigkeit zentral sind. Gehen Sie dabei strukturiert vor, indem Sie beispielsweise Fach-, Sozial- und Führungskompetenzen berücksichtigen. Achten Sie beim Anforderungsprofil darauf, nur die wirklich wichtigen Anforderungen zu nennen, und verzichten Sie auf Anforderungen, die leicht erlernt werden können. Ansonsten schränken Sie den Adressatenkreis unnötig ein.

Beispiel Anforderungen

Anforderungen für eine Stelle im Verkauf eines Uhren- und Schmuckgeschäfts:

  • Verkaufsausbildung
  • Verkaufserfahrung im Detailhandel
  • Produktkenntnisse Uhren und Schmuck
  • Schnelle Auffassungsgabe
  • Guter und offener Umgang mit Kunden/Kundinnen
  • Teamfähigkeit
  • Konfliktfähigkeit
  • Gute Passung ins Team
  • Gute Englischkenntnisse (Advanced-Zertifikat)

Tipp: Bereiten Sie zu den gesammelten Anforderungen schon an dieser Stelle praxisnahe Fragen für das Einstellungsinterview vor und erstellen Sie kleine Aufgaben für Arbeitsproben, durch die Sie die gesammelten Anforderungen möglichst praxisnah überprüfen können. Durch praxisnahe Fragen zu den Anforderungen lassen sich sehr gute Bewerbende später viel besser von den restlichen Bewerbenden unterscheiden.

Bestimmen Sie die Zielgruppe und heben Sie die Stärken hervor, die Sie als Arbeitgeber Ihrer Zielgruppe bieten können

Bestimmen Sie aufgrund des Aufgaben- und Anforderungsprofils, welche Zielgruppen Sie ansprechen möchten, um den neuen Mitarbeiter, die neue Mitarbeiterin zu rekrutieren. Ist tatsächlich die von Beginn weg anvisierte 25- bis 35-jährige Person für 100 Prozent die ideale Besetzung – oder doch besser eine erfahrenere Person in Teilzeit? Öffnen Sie hier den Fokus und ziehen Sie beispielsweise auch Quer- und Wiedereinsteiger respektive verschiedene Altersgruppen in Betracht. Denn hier können sich Potenziale verbergen, die auf den ersten Blick nicht ersichtlich sind. Überlegen Sie dann, mit welchen Stärken, die Ihr Kleinunternehmen als Arbeitgeber bietet, Sie Ihre Zielgruppe von sich überzeugen können.

Beispiele für typische Arbeitgeberstärken in Kleinunternehmen

Organisation

  • Flache Hierarchien
  • Kurze Entscheidungswege
  • Wenig Formalisierung
  • Gute Koordination
  • Unkomplizierte Kooperation

Aufgaben

  • Breite Aufgabenpalette
  • Mehr Gestaltungsfreiraum
  • Vielseitigere Aufgaben
  • Aufgaben, die von A bis Z durchgeführt werden können (Ganzheitlichkeit)
  • Hoher Verantwortungsgrad
  • Nähe zum Produkt
  • Nähe zum Betriebsgeschehen
  • Nähe zu Kunden/Kundinnen

Sinnhaftigkeit der Arbeit im Unternehmen

  • Einbindung in Unternehmensentscheide
  • Partizipationsmöglichkeiten
  • Hohe Wertschätzung der Beiträge der Mitarbeitenden

Soziale Aspekte

  • Enge, informelle Kontakte zur Unternehmensleitung
  • Familiäres Klima im Team
  • Wechselseitige Rücksichtnahme (Unternehmensleitung – Mitarbeitende)
  • Eingespieltes Zusammenarbeiten

Weitere Vorteile

Gute Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben

Wenn Sie zum Beispiel eine Mechanikerin suchen, stehen vielleicht Aspekte wie das Aufgabenspektrum, die vorhandenen Betriebsmittel oder das Teamklima besonders im Vordergrund. Bei einem Betreuer von älteren Menschen hingegen dürften soziale Faktoren sowie der Nutzen der Arbeit für die Gesellschaft zentral sein. Achten Sie beim Zusammentragen Ihrer Arbeitgeberstärken darauf, dass diese authentisch und glaubwürdig sind. Ansonsten laufen Sie aufgrund falscher Versprechungen Gefahr, die künftigen (aber auch bestehenden) Mitarbeitenden zu demotivieren, zu verärgern oder sogar wieder zu verlieren. Und suchen Sie bewusst nach Stärken, die Ihre grossen Mitbewerber nicht bieten können, Ihr Kleinunternehmen jedoch schon (zum Beispiel Nähe zum Kunden, Einbindung in die Unternehmensentscheide usw.).

Tipp: Ermitteln Sie auch verborgene Arbeitgeberstärken, indem Sie bestehende Mitarbeitende zum Beispiel im Rahmen von Workshops folgende Fragen beantworten lassen:

  • Warum haben Sie sich für Ihr Kleinunternehmen entschieden?
  • Was sind für Sie die Besonderheiten bei der Arbeit?
  • Warum bleiben Sie bei uns?
  • Was war Ihr persönliches Highlight bei der Arbeit?

Formulieren Sie die Stellenausschreibung

Leiten Sie nun aus dem Aufgaben- und Anforderungsprofil die Stellenausschreibung ab. Auch hier ist es wichtig, zwischen Aufgaben und Anforderungen zu unterscheiden. Stelleninserate müssen zwingend authentisch sein und dem Bewerber ein realistisches Bild der Stelle zeigen, dürfen aber bezüglich Text und Layout durchaus mutig sein. Betrachten Sie Stellenausschreibungen nicht als lästige Pflicht, sondern als Möglichkeit, Ihr Unternehmen auf dem Arbeitsmarkt zu präsentieren. Vermeiden Sie dabei Floskeln und schwammige Aussagen. Eine Stellenausschreibung besteht in der Regel aus folgenden Bausteinen:

  • Unternehmensprofil: Was zeichnet Ihr Kleinunternehmen aus?
  • Aufgabenbeschreibung: Für welche Aufgabe suchen Sie eine neue Mitarbeiterin, einen neuen Mitarbeiter (inkl. Arbeitsort, Angabe Stellenprozente usw.)?
  • Anforderungsprofil: Wen suchen Sie und was erwarten Sie von einem Bewerber?
  • Leistungen des Unternehmens: Was bieten Sie den Bewerberinnen und Bewerbern (inkl. Kommunikation der zur Zielgruppe passenden Arbeitgeberstärken)?
  • Bewerbungsverfahren: Wie kann sich ein Interessent/eine Interessentin bewerben (inkl. Bewerbungsfrist und Ansprechpartner)?

Tipp: Machen Sie es den Bewerbenden möglichst einfach, sich bei Ihnen zu bewerben. Verzichten Sie auf zu viele Vorgaben bei der Einreichung der Dokumente und geben Sie den Interessenten die Möglichkeit, direkt und persönlich Fragen zu stellen. Auch so können Sie – im Vergleich zu grösseren Unternehmen – bei der Personalsuche punkten. 

Definieren Sie Ihre Suchstrategie

Definieren Sie die Kanäle, in denen Sie die Stellenausschreibung platzieren möchten. Streuen Sie Ihr Stelleninserat möglichst breit.

Mögliche Kanäle sind:

  • Jobportale wie jobs.ch
  • Branchenverbände
  • Berufsschulen
  • Regionale und überregionale Zeitungen
  • Branchenzeitschriften
  • Social-Media-Kanäle wie Xing, LinkedIn, wenn für die Zielgruppe passend evtl. auch Facebook oder Instagram
  • Eigene Mitarbeitende
  • Kunden/Kundinnen
  • Persönliches Netzwerk

Tipp 1: Beziehen Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Suche ein und bitten Sie sie, ihr persönliches berufliches Netzwerk zu aktivieren. Ihre Beschäftigten sind die überzeugendsten Botschafter und Botschafterinnen Ihres Unternehmens.

Tipp 2: Wenn Sie Ihre Stelle in Social Media posten, sprechen Sie auch Personen an, die vielleicht aktuell nicht auf der Suche nach einer neuen Stelle sind, aber sich durchaus von einem passenden Angebot zu einem Wechsel bewegen lassen. Passiv suchende Personen, welche zwar zufrieden mit ihrer Stelle sind, aber durchaus neue Herausforderungen suchen, sind möglicherweise besonders gute Berufsleute.

Bleiben Sie mit den Bewerberinnen und Bewerbern in Kontakt

Sorgen Sie nach der Stellenausschreibung dafür, dass Sie die Kommunikation mit den Bewerberinnen und Bewerbern aufrechterhalten. Entscheiden Sie sich möglichst innerhalb von zwei, drei Wochen für einen Kandidaten/eine Kandidatin und kommunizieren Sie die Entscheide zeitnah. Bleiben Sie darüber hinaus mit jenen Personen in Kontakt, die Sie als interessant eingestuft haben, die aber nicht zum Zug gekommen sind. Vielleicht suchen Sie in ein paar Monaten wieder jemanden und können dann auf diesen Kontakt zurückgreifen. Achten Sie auf jeden Fall darauf, dass Ihr Kleinunternehmen bei sämtlichen Bewerbenden einen positiven Eindruck hinterlässt. Denn schlechte Erfahrungen auch nur einer Bewerberin, eines Bewerbers können das Image eines kleinen Unternehmens bereits beeinträchtigen.

Tipp: Achten Sie darauf, die Rekrutierung als fortlaufenden Prozess am Laufen zu halten und nicht nur dann aktiv zu werden, wenn eine Stelle offen ist. Nutzen Sie dazu zum Beispiel Arbeitgeberbewertungsportale wie kununu.com/ch und bitten Sie Ihre Mitarbeitenden (zum Beispiel beim Mitarbeitergespräch), ihre Bewertungen dort abzugeben. Kommunizieren Sie auch regelmässig über Kommunikationskanäle wie Website oder Social Media Ihre Arbeitgeberstärken anhand von einfachen, eingängigen Geschichten und Anekdoten aus Ihrem Unternehmen (Storytelling). Porträtieren Sie dazu Mitarbeitende, die sich und ihre Aufgaben in einem kurzen Portrait (Video oder Text) vorstellen. So erhalten Interessierte einen guten Einblick in Ihr Unternehmen.

Über Christoph Vogel

Christoph Vogel ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Der Link öffnet sich in einem neuen Fenster Institut für Personalmanagement und ‑Organisation (PMO) an der Hochschule für Wirtschaft der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) und Mitautor des Praxisratgeber-Handbuchs Der Link öffnet sich in einem neuen Fenster «Integriertes Personalmanagement in kleinen Unternehmen», das 2018 im Springer-Verlag erschienen ist. Vogel studierte nach seiner Ausbildung zum Konstrukteur Psychologie an der FHNW mit den Schwerpunkten Arbeits- und Organisationspsychologie, Personalpsychologie und Human Factors. Neben seiner Forschungstätigkeit unterrichtet er auch im neuen Weiterbildungsstudiengang Der Link öffnet sich in einem neuen Fenster CAS Integriertes Personalmanagement für kleine Unternehmen, der ab März 2019 an der Hochschule für Wirtschaft FHNW angeboten wird.

Christoph Vogel, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Personalmanagement und Organisation (PMO) an der Hochschule für Wirtschaft FHNW im Porträt
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