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Erstellt am 10.05.2023

Impact Banking: Mit nachhaltigen Innovationen Einfluss nehmen

Wie kann eine Bank mit innovativen Lösungen nachhaltiges Handeln positiv beeinflussen? Wir fragen bei Luca Sigrist nach. Er ist bei VNTR zuständig für Open Innovation und deckt – im Zusammenhang mit laufenden Innovationsinitiativen – spannende Ansätze ausserhalb von PostFinance auf.

Manchmal gehen die Ideen, mit denen Luca Sigrist bei seiner Arbeit konfrontiert wird, weit über das allgemein Vorstellbare hinaus. Da wäre zum Beispiel der Vorschlag, Datenzentren zu entwickeln, die auf lebenden Organismen basieren. Einen solchen Ansatz präsentierten Vertreter des Biotech-Startups Grown Your Own Cloud an einer Veranstaltung des Gottlieb Duttweiler Instituts (GDI). Das Startup will Gentechnologie nutzen, um digitale Daten in der DNA von Pflanzen zu speichern, die im Gegenzug Energie erzeugen und CO2 absorbieren. Könnte dieser «Data Garden» die grüne Zukunft der Datenspeicherung sein?

Mit Offenheit zur nächsten Nachhaltigkeitsinnovation

Luca Sigrist ist bei VNTR, der Innovations- und Venturinginitiativen von PostFinance, verantwortlich für Open Innovation und damit für die gezielte Öffnung des Innovationsprozesses. Zu seinen Aufgaben gehört es, in klar definierten Suchfeldern zukunftsträchtige Ansätze aufzuspüren und mögliche Partnerschaften mit Startups, Fachhochschulen und Universitäten oder anderen innovativen Unternehmen zu prüfen. «Um Neues entstehen zu lassen und Geschäftsbereiche zu entwickeln, in denen PostFinance heute noch nicht aktiv ist, lassen wir Ideen von aussen einfliessen», erklärt er. Und dafür muss auch er selbst offen sein – für Ideen, die heute noch verrückt klingen.

Luca Sigrist arbeitet seit 2019 bei PostFinance im Innovationsbereich. Der einstige Trainee verantwortet heute Open Innovation bei VNTR | Innovation & Venturing by PostFinance.

Net Positive statt Net Zero: Proaktives Verständnis von Nachhaltigkeit

Ein Fokus liegt bei VNTR im Suchfeld Impact Banking. «Ausgehend von einem starken Kundenbedürfnis sowie von Bestrebungen aus anderen Industrien gehen wir der Frage nach, wie wir das Banking der Zukunft nachhaltig gestalten können», sagt Luca Sigrist. Dabei blicke VNTR weit in die Zukunft und suche nach neuen Möglichkeiten und Technologien, mit denen PostFinance künftig positiven Einfluss ausüben könne – mit einem proaktiven Verständnis von Nachhaltigkeit. Statt Net Zero hat VNTR Net Positive im Visier, oder anders gesagt: «Künftige Produkte und Dienstleistungen sollen nicht nur dazu beitragen, Schadensbegrenzung zu betreiben, sondern vielmehr positive Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesellschaft erzielen.»

Künftige Lösungen im Bereich der Nachhaltigkeit sollen nicht nur dazu beitragen, Schadensbegrenzung zu betreiben, sondern positive Auswirkungen erzielen.
Luca Sigrist, Open Innovation Lead bei VNTR

Solche Fragen beschäftigen VNTR im Suchfeld Impact Banking

Das Suchfeld Impact Banking umfasst nicht nur die ökologische Dimension der Nachhaltigkeit, sondern auch die soziale. So beschäftigte sich VNTR in jüngster Vergangenheit mit Fragen wie:

  • Wie lassen sich Frauen im Sinne der finanziellen Integration künftig mehr für das Thema Anlegen begeistern?
  • Wie können KMU dazu befähigt werden, passende Partner im Bereich der Nachhaltigkeit zu finden?
  • Wie kann die Spendentätigkeit von Unternehmen als integraler Bestandteil im Zahlungsverkehr gefördert werden, wie es das Startup Grownate vormacht?

CO2-Rechner intern entwickelt

Spannend sind auch Vorhaben, die verschiedene Trends miteinander verschmelzen: Beim CO2-Rechner von PostFinance waren dies zum Beispiel das Bedürfnis der Kund:innen nach Selbstoptimierung, der Wunsch, etwas Gutes für die Nachhaltigkeit zu tun, und die Möglichkeit, Daten entsprechend zu nutzen.

Wie bei vielen Vorhaben stellte sich auch beim CO2-Rechner die Frage: Will PostFinance selbst einen CO2-Rechner bauen oder mit ähnlichen Lösungen kooperieren, die es auf dem Markt bereits gibt? «Beim CO2-Rechner haben wir uns entschieden, den Rechner selbst zu entwickeln, da wir dazu internes Know-how hatten», erklärt Luca Sigrist.

Partnerschaften und Investments für gebündeltes Nachhaltigkeits-Know-how

Immer wieder sucht VNTR aber auch Zugang zu Technologien und Know-how via Partnerschaften oder Investitionen in vielversprechende Startups. Ein Beispiel ist das Investment von PostFinance in Doconomy, das verschiedene Impact-Rechner basierend auf Lifestyle-, Produkt- und Zahlungsdaten anbietet. Das schwedische Startup gehört zu den führenden Anbietern von nachhaltigen Finanzdienstleistungen und könnte künftig bei der Initiierung von neuen Ideen oder der Weiterentwicklung von bestehenden Nachhaltigkeitsinitiativen von PostFinance eine Rolle spielen.

Drei Fragen an Luca Sigrist, Open Innovation Lead bei VNTR

Du bist tief im Thema Nachhaltigkeit verwurzelt. Wie ist es dazu gekommen?

Das Thema Nachhaltigkeit interessiert mich persönlich stark und schon seit Langem. Bei VNTR konnte ich mir als Themenowner des Suchfelds Impact Banking spezifisches Wissen aufbauen, das ich nun mit meinem Studium der Kreislaufinnovation und Nachhaltigkeit an der Berner Fachhochschule vertiefe. Durch die Herausforderungen, die wir heute mit dem Klimawandel und dem durch das Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum verbundenen, stets steigenden Ressourcenverbrauch haben, müssen wir neue Denkweisen entwickeln, damit wir weg vom linearen Denken hin ins Kreislaufdenken gelangen.

Kreislaufwirtschaft: Spannende Ansätze für die Finanzindustrie

Wie kann die Finanzindustrie unsere Gesellschaft dabei unterstützen, nachhaltiger und kreislauffähiger zu werden? Luca Sigrist zeigt beispielhaft Ansätze und Fragestellungen auf:

  • Finanzierung von nachhaltigen Geschäftsmodellen: Heute werden Maschinen für die Industrie in der Regel produziert, verkauft und abgeschrieben. Mit der Finanzierung von Geschäftsmodellen wie Leasing-as-a-Service hätte der Produzent ein grösseres Interesse, seine Maschinen nachhaltig zu produzieren. Denn er bleibt während des gesamten Produktlebenszyklus im Besitz der Maschine. Je länger diese in Betrieb ist, umso länger generiert sie Erträge, und der Restwert der Materialien geht auch nicht verloren.
  • Neuartige Versicherungsmodelle: Heutige Versicherungsmodelle motivieren uns nicht wirklich, unsere Autos oder unsere Gegenstände mit anderen zu teilen. Denn wenn wir jemandem ein Produkt entgeltlich ausleihen, decken die Versicherungen Schäden von gelegentlichen Zweit- oder Mehrnutzern oft nicht. Das schwedische Startup Der Link öffnet sich in einem neuen Fenster omocom entwickelt Versicherungslösungen zur Förderung der Sharing-Economy.
  • Shareholder Engagement und Active Ownership: Wie gelingt es, dass sich Shareholder mehr für die Nachhaltigkeit eines Unternehmens engagieren oder dass die Stimmen vieler nachhaltig motivierter Kleinanleger:innen gebündelt werden, um Veränderungen zu gunsten der Nachhaltigkeit zu bewirken? Ein konsequentes, wenn auch extremes Beispiel ist Patagonia. Dessen Gründer sagte, dass die Erde ab sofort die einzige Anteilseignerin des Unternehmens sei.

Was ist das Besondere an deinem Job?

Bei VNTR sind wir damit beauftragt, die Zukunft des Bankings zu antizipieren und das «Neue» zu kreieren. Bei uns geht es also nicht in erster Linie darum, bestehende Angebote zu verbessern oder neue digitale Angebote rund um das Kerngeschäft von PostFinance zu entwickeln. Vielmehr experimentieren wir mit neuen Geschäftsmodellen und -feldern ausserhalb des heutigen Kerngeschäfts. Wir suchen nach Lösungen, mit denen wir unseren Horizont erweitern können. Dieses Hinausblicken über den Tellerrand ist extrem bereichernd und spannend.

Welches ist die grösste Herausforderung beim Innovieren hin zu Horizonten?

Dass wir einerseits nach innovativen Lösungen suchen, die wir heute schon im Unternehmen platzieren können; wir aber gleichzeitig über den Horizont hinausschauen und die nächsten Trends und Veränderungen im Markt und in der Gesellschaft erkennen müssen. Diese beiden «Welten» zusammenzubringen, braucht oft Mut, Durchsetzungs- und auch viel Durchhaltevermögen. Man muss alles probieren, eine Idee so weit wie möglich zu entwickeln, sich aber gleichzeitig auch bewusst sein, dass man eine hohe Quote an Vorhaben hat, die es nicht bis zur Markteinführung schaffen werden. Auch deshalb haben wir zwei Bücher veröffentlicht: das «Failbook», das die Learnings aus den vielen «gescheiterten», Ideen aufzeigt und das «Successbook», das den Erfolgsfaktoren beim Innovieren nachgeht.

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