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Erstellt am 31.05.2021

«Leistung bringt dich weiter – ganz gleich, ob Mann oder Frau»

Wir stellen Frauen vor, die bei PostFinance in Führungspositionen tätig sind. Geschäftsleitungsmitglied Felicia Kölliker ist Chief Risk Officer und erzählt, welche Karriereschritte sie gemacht hat, warum es zum Vorwärtskommen Leistung und Eigenmarketing braucht und weshalb sie ihre Karriere als ausgewogen empfindet.

Du bist Chief Risk Officer und leitest die Abteilungen Governance, Risk, Compliance & Legal. Wie erklärst du in einfachen Worten deinen Job?

Als Chief Risk Officer bin ich mit meiner Abteilung für das Risikomanagement verantwortlich. Wir stellen sicher, dass das Unternehmen seine Risiken kennt und damit umzugehen weiss. Gleichzeitig kümmern wir uns mit der Abteilung Governance um übergeordnete Steuerungsthemen wie zum Beispiel der Organisation des Unternehmens. In der Abteilung Compliance beschäftigen wir uns in erster Linie mit Geldwäschereiprävention und mit Legal stellen wir das interne Anwaltsbüro.

Wenn du auf deine Karriere blickst: Was waren die entscheidendsten Momente?

Anstelle von einzelnen Ereignissen war es vielmehr eine kontinuierliche Entwicklung. Mir war es immer wichtig, spannende Aufgaben und Projekte umsetzen zu können. Diese habe ich mir ganz bewusst gesucht, um mich dann in den Themen intensiv zu engagieren. Die Gelegenheit zum jeweils nächsten Karriereschritt haben sich meistens mehr aus Zufall denn aus Planung ergeben, wenn sich bspw. meine direkten Vorgesetzten weiterentwickelten und ich mich auf deren Funktion beworben und den Zuschlag erhalten habe. Ich bin seit 2009 bei PostFinance und habe seitdem wichtige Schritte machen können – sowohl in meiner Karriere, die ich als Compliance Officer hier begann, als auch privat. Meinen Mann lernte ich ebenfalls bei PostFinance kennen. Heute haben wir zwei Kinder.

Welche Karrierestufen hast du genommen?

Knapp ein Jahr nachdem ich im Compliance begonnen hatte, suchte ich eine nächste Herausforderung. Da kam die Anfrage, ob ich das Projekt «Organisation & Governance» im damaligen Grossvorhaben zur Ausgliederung der PostFinance aus dem Postkonzern und Unterstellung unter die FINMA übernehmen wolle, genau richtig. Die angebotene Rolle als Projektleiterin habe ich sofort begeistert angenommen. Es war ein Projekt, das es wohl nur einmal im Leben gibt und prägend für meine weitere Laufbahn war. Indem ich während rund drei Jahren eine ganze Bank durchleuchtete, baute ich einerseits inhaltlich enorm viel Wissen, aber auch ein Netzwerk auf. Ich lernte jede Abteilung und jede zentrale Position kennen und hatte die Möglichkeit, mich in den Gremien zu zeigen. Dies war der Schlüssel zum weiteren Erfolg. Aus diesem Projekt heraus habe ich dann meine erste Linienfunktion mit Führungsverantwortung übernommen und stieg dann innerhalb dieser Organisationseinheit immer weiter hoch bis zu meinem jetzigen Job als Geschäftsleitungsmitglied.

Das klingt einfach. War das auch so?

Ich habe stets sehr viel gearbeitet, vollen Einsatz gegeben, vieles erreicht und auch Glück gehabt, dass sich bestimmte Situationen so ergeben haben. Offensichtlich habe ich meine Leistung gebracht und konnte damit überzeugen. Auch rückblickend empfinde ich meine Karriere als ausgewogen. So hatte ich nebst meiner beruflichen Entwicklung immer auch die Möglichkeit, mich privat weiterzuentwickeln. Mitten in dieser Zeit brachte ich meine zwei Kinder, die heute sechs und acht Jahre alt sind, auf die Welt und habe auch gezielt Auszeiten genommen.

Mit welchen Plänen bist du nach dem Studium ins Berufsleben gestartet?

Ich hatte Ambitionen, aber keine fixe Vorstellung. Mir war es immer wichtig, dass ich das, was ich mache, gerne tue und herausfordernde Aufgaben übernehmen kann, die mich weiterbringen, mit denen ich etwas verändern und Wirkung erzielen kann. Repetitive Aufgaben liegen mir nicht. Vielmehr brauche ich ein Umfeld, das sich laufend verändert, und immer wieder neue Vorhaben auf dem Tisch. Die Karriere bewusst geplant habe ich nicht und mir auch nie gesagt, dass ich zum Zeitpunkt X den nächsten Schritt machen oder Geschäftsleitungsmitglied sein will.

Welche Fähigkeiten und Eigenschaften haben dich im Beruf weitergebracht? Auch im Hinblick auf Tipps für andere Frauen?

Das Wichtigste überhaupt ist, dass du deine Leistung bringst. Leistung überzeugt und Leistung bringt dich weiter – ganz gleich, ob Mann oder Frau.

Was mir persönlich nebst einer hohen Leistungsbereitschaft geholfen hat, ist, dass ich Herausforderungen sehr schnell annehme, analysiere und zu Boden bringe, indem ich Ziele definiere, Lösungen suche und diese auch umsetze. Diese konsequente Lösungsorientierung ist eine zentrale Managementfähigkeit. Es ist die Fähigkeit, Dinge zu managen, voranzubringen und Wirkung zu erzielen. Fürs Weiterkommen ist es auch zentral, die Gelegenheit zu erhalten und zu nutzen, um zu zeigen, was man kann. Diesbezüglich erlebe ich manchmal einen Unterschied zwischen Mann und Frau.

Inwiefern?

Plakativ gesprochen und auch nicht in allen Fällen gültig: Männer werfen sich bewusst auf die Bühne, Frauen machen das Gegenteil. Im besten Fall erkennen die Frauen selbst, dass sie ihren Job gut machen, vermeiden es aber oft, ihre Leistung entsprechend zu vermarkten. Ich persönlich habe dies immer gemacht, nicht überheblich, nicht übermässig – aber ganz bewusst. Dieses Eigenmarketing muss man mitbringen. Und dann gibt es noch die private Seite: Will man als Frau Kinder nebst einem Job, der sehr einnehmend ist, braucht man einen Mann, der das mitträgt. Das Denkmuster, dass man als Frau grossmehrheitlich zu den Kindern schaut, hatte ich nie. Ich wusste immer, dass ich hundert Prozent weiterarbeiten und mein Pensum nicht reduzieren will. Ich wollte Kinder, aber nicht zulasten meiner Karriere. Und das ist auch möglich und machbar, indem man seinen Alltag gut organisiert, sich Unterstützung holt und alles zusammen mit dem Partner gemeinsam meistert. Eine Arbeitgeberin, die einen unterstützt, ist natürlich auch wichtig. PostFinance macht das sehr gut und bietet arbeitenden Müttern und Vätern viel Flexibilität.

Welche konkreten Tipps zu einem besseren Eigenmarketing hast du?

Beispielsweise sich bewusst auf Stellen zu bewerben, bei denen man selbst das Gefühl hat, dass sie ein bisschen hochgegriffen sind. Als ich mich auf meinen heutigen Job in der Geschäftsleitung beworben habe, fragte mich jemand: Ist das jetzt nicht gerade ein bisschen früh nach dem letzten Wechsel? Hast du denn das Know-how dafür? Trotz dieser Bedenken von aussen habe ich mich beworben – aus Überzeugung, dass ich eine gute Wahl wäre und einiges, aber nicht alles dafür mitbringe. Ein Stelleninserat ist immer ein Wunschkonzert. Doch niemand erfüllt alle Kriterien. Wenn man sich bewirbt, soll man seine Stärken betonen, aber auch ganz offen und transparent sein bei jenen Kompetenzen, die man noch nicht erfüllen kann. Ich erlebe es immer wieder, dass sich Frauen vom umfangreichen Anforderungskatalog abschrecken lassen: Eine Frau schaut ein Inserat durch. Wenn sie von zehn Kriterien eines findet, welches sie nicht erfüllt, bewirbt sie sich nicht. Ein Mann schaut sich die zehn Kriterien an und bewirbt sich, wenn er auch nur zwei sieht, die er erfüllt. Das ist natürlich auch wieder eine sehr plakative Aussage, aber in der Tendenz erlebe ich das so. Ich muss Frauen zuweilen schon fast zwingen, sich auf Management Funktionen zu bewerben.

Förderst du Frauen bewusst?

Im Grundsatz schaue ich nur auf die Leistung und habe innerhalb meiner Teams nie auf das Geschlechterverhältnis geachtet. Die Realität zeigt aber, dass einige Fachbereiche per se sehr männerlastig sind. Dem versuche ich intern entgegenzusteuern, indem ich Frauen zu einem nächsten Karriereschritt motiviere und ihnen gezielt die Möglichkeit zu Weiterbildungen oder Plattformen in Gremien gebe, damit sie in die Köpfe der Entscheidungsträger gelangen. Und bei gleichwertigen Bewerbungen werde ich vermehrt darauf achten, tendenziell die Frau zu wählen, um innerhalb meiner Teams wieder mehr Ausgewogenheit zu schaffen.

Wie führst du deine rund 100 Mitarbeitenden?

Ich erwarte eine hohe Leistung, weil wir alle hier arbeiten, um dem Unternehmen Mehrwert zu bringen. Diese Leistung fordere ich ein. Kommt sie nicht wie vereinbart, gebe ich direkt Feedback und erwarte, dass sich schnell ein Lerneffekt einstellt. Gleichzeitig bin ich bei guter Leistung auch sehr wertschätzend und lobe bewusst häufig. Von meinen Bereichsleitenden erwarte ich, dass sie ihre Abteilungen so führen, als wären sie der CEO eines KMUs – und damit auch autonom von mir handeln. Meine Grundhaltung ihnen gegenüber ist: Ihr seid die Chefs und ich bin das Backup, das beratend zur Seite steht und im Krisenfall die Verantwortung übernimmt.

Gibt es für dich als Führungsperson im aktuell sich schnell ändernden Umfeld neue Herausforderungen?

Nein, wir sind einfach in einer neuen Phase. Veränderungen gibt es immer und nehme ich als normal wahr und sehe darin stets eine Gelegenheit, gemeinsam zu wachsen.

Wie erholst du dich am besten?

Mit und bei meiner Familie, mit der ich jede freie Minute verbringe. Meine Kinder und mein Mann sind das Wichtigste, das ich habe. Wenn ich jeweils gefragt werde: Und, was machst du denn für dich? Dann sind es eben diese zwei Dinge: Ein Job, der mir Freude macht, und die Familie, die mir alles bedeutet.

About

Felicia Kölliker arbeitet seit 2009 bei PostFinance und hat seit 2017 als Geschäftsleitungsmitglied die Funktion des Chief Risk Officer inne. Sie studierte an der Universität St. Gallen (HSG) Rechtswissenschaften und verfügt über einen Executive Master of Business Administration der Wirtschaftshochschule International Institute for Management Development IMD in Lausanne. Felicia Kölliker ist verheiratet und hat zwei Kinder.

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