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Erstellt am 25.04.2022

Interner Stellenwechsel: ein Jobtausch ohne Zurück

Christian Gebauer und Martin Steinmann haben per Anfang Jahr ihre Jobs getauscht. Nicht temporär, sondern für immer. Wie es dazu kam und wie die beiden Compliance-Experten in leitender Funktion die erste Zeit im neuen Job erleben, erzählen sie im Doppelinterview.

Für ein paar Monate intern eine neue Aufgabe zu übernehmen ist bei PostFinance eine etablierte Möglichkeit, sich als Mitarbeitende bzw. Mitarbeitender persönlich und fachlich weiterzuentwickeln (siehe Infobox). Martin Steinmann und Christian Gebauer haben sich für ein anderes Modell entschieden: Sie haben ihre Jobs getauscht – für immer und ohne ein Zurück. Beide sind Compliance-Experten in leitender Funktion. Bis Ende des letzten Jahres verantwortete Martin Steinmann als Leiter Compliance die unabhängige Kontrollfunktion zur Gewährleistung der Einhaltung gesetzlicher und regulatorischer Normen von PostFinance und Christian Gebauer als Leiter Compliance Office deren operative Umsetzung bei den Kundinnen und Kunden von PostFinance. Seit Anfang dieses Jahres ist es umgekehrt.

Wer von euch beiden hatte die Idee, die Jobs zu tauschen?

Martin: Keiner von beiden. Die Initiative ergriffen hat meine frühere Führungsperson. Sie trug diese Idee zuerst an die ehemalige Führungsperson von Christian weiter. Schliesslich traten sie jeweils separat an uns heran mit der Frage, was wir von dieser Idee halten würden. Christian und ich haben uns dann unabhängig voneinander darüber Gedanken gemacht und sind nach weiterführenden gemeinsamen Diskussionen zum Schluss gekommen, dass diese Idee für uns beide stimmt.

Was waren eure ersten Gedanken, als ihr mit dieser Idee konfrontiert worden seid?

Martin: Der Vorschlag kam schon überraschend. Auf Managementstufe hat es meines Wissens einen solchen Wechsel noch nie gegeben. Ich fand die Idee spannend, gerade auch im Sinne einer agilen, fortschrittlichen Personalentwicklung. Aber ich war auch froh, dass wir genügend Zeit hatten, uns darüber Gedanken zu machen.

Christian: Bei mir war es ähnlich. Ich habe es als Herausforderung und Chance gesehen. Ungewöhnlich an der Situation war, dass wir beide keinen akuten Handlungsbedarf hatten und es sich um einen unbefristeten Jobtausch handelte. Für ein Gelingen des Wechsels mussten beide, bzw. auch unsere Führungspersonen damit einverstanden sein.

Was gab bei euch schliesslich den Ausschlag für das Go?

Martin: Mich interessierte allem voran der Perspektivenwechsel. Der Übertritt von der zentralen, überwachenden Compliance (2nd-Line-Funktion) in die operative Compliance (1st-Line-Funktion) bietet mir die Möglichkeit, die Auswirkungen der Compliance-Planung auf die Compliance-Umsetzung in aller Tiefe zu verstehen. Auch bezüglich Abteilungs- und Teamgrösse ist die Arbeit in der operativen Compliance eine ganz andere. Wir sind bei der Organisationseinheit IT & Operations angesiedelt, in der gesamthaft rund 1500 Mitarbeitende und in meiner Abteilung 170 Mitarbeitende tätig sind. Im Bereich der zentralen Compliance arbeiten alles in allem 32 Leute. Ausschlaggebend war für mich zudem, dass ich 20 Jahre lang bei der zentralen Compliance gearbeitet habe und dieser Wechsel eine neue Herausforderung darstellte.

Christian: Ich sah die Chance, mich in Compliance weiterzuentwickeln und mein Know-how zu komplettieren, um das Compliance-Puzzle vollständig zu machen – und dies weiterhin beim bisherigen Arbeitgeber. Ich konnte intern eine neue Herausforderung angehen, was mich sehr gereizt hat. In den vergangenen 10 Jahren war ich in der operativen Führung tätig – in einem Bereich, in dem die Prozesse und das Team sehr gut eingespielt waren und man in jeder Situation das passende Mittel in der Hand hatte, um zu agieren. Oder anders gesagt: Ich bewegte mich in einer Komfortzone und habe mich ganz bewusst dafür entschieden, diese zu verlassen, um etwas Neues kennenzulernen.

Welche ersten Erkenntnisse zieht ihr aus dem Jobwechsel?

Christian: Es ist ein neuer Job mit neuen Herausforderungen. Noch bin ich in der Einarbeitungsphase, muss mich in viele Dinge einarbeiten und vieles lernen. Da bin ich natürlich dankbar, dass Martin und ich uns gegenseitig absprechen können. Auf jeden Fall merke ich, dass ich die Komfortzone tatsächlich verlassen habe und gefordert bin.

Martin: Auch für mich ist es eine Herausforderung und ich stelle nachträglich fest, dass ich den Wunsch nach einer solchen Veränderung nach langen Jahren im selben, komfortablen Umfeld wohl schon länger hegte. Für mich fühlt es sich auch ein wenig an, wie zurück zu den Wurzeln zu gehen: Im Bereich, den ich jetzt führe, habe ich früher schon gearbeitet und erste Teams geleitet, bevor die organisatorische Trennung in zentrale Compliance und operatives Compliance Office erfolgte.

Inwiefern hilft es euch, dass ihr euch von der früheren Zusammenarbeit gut kennt?

Christian: Das gibt uns eine enorme Sicherheit, weil wir so immer ein Backup haben. Wir können uns rasch und unkompliziert austauschen. Gleichzeitig wissen wir auch, wo es in der Vergangenheit Knackpunkte gab und können dort ansetzen.

Martin: Es ist klar ein Vorteil, dass wir einander und das Unternehmen gut kennen und in der Vergangenheit gut zusammengearbeitet haben. Das hilft uns, auch unter den neuen Vorzeichen weiterhin Hand in Hand zu wirken.

Wie habt ihr euch auf den Wechsel vorbereitet?

Christian: Nachdem wir unsere Direct Reports und die Mitarbeitenden informiert hatten, ging der Wechsel fliegend. Wir hatten viele Abstimmungsmeetings für die Übergabe von Pendenzen.

Martin: Wir versuchten, einander so viel wie möglich mit auf den Weg zu geben und auch aufzuzeigen, was einen erwartet. So nahmen wir zum Beispiel bereits im vergangenen Dezember an den Leitungsmeetings teil, um zu schnuppern, wie es im neuen Bereich sein wird und um die neuen Peers kennenzulernen.

Was hat euch in der Einarbeitungsphase besonders gefordert?

Christian: Aufgrund des Russland-Ukraine-Kriegs sind wir in unseren Bereichen aktuell mit besonderen Herausforderungen konfrontiert und beide extrem gefordert. Diese Ausnahmesituation verfärbt den objektiven Blick darauf, wo wir in unserem neuen Job stehen. Grundsätzlich aber ist es wie ein Kennenlernen einer neuen Familie: Es herrscht ein anderer Rhythmus und eine andere Kultur, die man zuerst einmal kennenlernen muss. Martin: Zusätzlich ist man auch mit noch unbekannten fachlichen Themen konfrontiert. Man muss herausfinden, wie das neue Umfeld sich abstimmt, welche Erwartungshaltung es hat und wie all die Prozesse im neuen Bereich funktionieren.

Würdet ihr aufgrund der ersten Erfahrungen im neuen Job die Stelle wieder tauschen?

Martin: Ja, meine Erwartungen und die Realität liegen sehr nahe beieinander. Ich freue mich nicht nur über den Perspektivenwechsel, sondern auch über die vielen neuen Gesichter und Kontakte. Klar gibt es auch Aspekte, die schwieriger sind. Aber das gehört zum Job.

Christian: Ich habe mich von Anfang an darauf eingestellt, dass mit dem neuen Job neue Herausforderungen auf mich zukommen. Und so ist es auch eingetroffen. Gerade deshalb ist der Wechsel eine Chance, die ich wieder ergreifen würde. Es war eine glückliche Fügung, dass alle vier Beteiligten diese Veränderung begrüssten – unsere Führungspersonen und wir.

Was muss man mitbringen, wenn man einen solchen Jobtausch machen will?

Martin: Nebst Neugierde, der Offenheit gegenüber Neuem, dem Willen, etwas zu bewegen und dem Mut, die Komfortzone zu verlassen, braucht es insbesondere die innere Überzeugung, dass man diesen Schritt machen will. Einen solchen Entscheid sollte man sich gut überlegen.

Christian: Bei jedem Jobwechsel schwingt eine gewisse Unsicherheit mit, ob man mit der neuen Herausforderung glücklich und zufrieden sein wird. Man muss sich dem Risiko, das man eingeht, bewusst sein und dieses gerne auf sich nehmen wollen.

Martin: Insbesondere, weil es in unserer Situation ja nicht so war, dass wir im Job unzufrieden waren. Im Vorfeld einer solchen Entscheidung sollte man unbedingt reflektieren, wo man auf seinem Berufs- und Lebensweg steht, was noch vor einem liegt, wohin man möchte und welchen Nutzen und Mehrwert man davon hat – vielleicht auch aus ganz persönlicher Sicht.

About

Martin Steinmann

Martin Steinmann, Leiter Compliance Office bei PostFinance.

Christian Gebauer

Christian Gebauer, Leiter Compliance bei PostFinance.

Temporäre Funktionswechsel

Es muss ja nicht für immer sein! Mit dem temporären Funktionswechsel bietet PostFinance ihren Mitarbeitenden die Möglichkeit, das Aufgabengebiet oder die Organisationseinheit für eine gewisse Zeit zu wechseln. Die temporären Funktionswechsel sind entweder intern ausgeschrieben oder können von interessierten Mitarbeitenden oder einer Führungsperson selbst angestossen werden. Sie bieten den Beteiligten eine tolle Chance, etwas Neues auszuprobieren, sich in einem neuen Aufgabenfeld zu «beweisen» und sich vielleicht auch langfristig horizontal oder vertikal zu verändern. Der temporäre Funktionswechsel ist ein bei PostFinance etabliertes Entwicklungsinstrument und wird pro Jahr rund 25 Mal in Anspruch genommen. Ziel dieses befristeten Stellenwechsels ist die fachliche und persönliche Weiterentwicklung von Mitarbeitenden sowie Führungskräften auf allen Stufen. Ein temporärer Funktionswechsel dauert zwischen drei und zwölf Monaten.

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