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Erstellt am 02.11.2020

Frauen in Technologie und Innovation: «Diversity ist vor allem ein Businessthema»

Mit der Erkenntnis, dass IT-Kompetenz ein Must ist, um im Berufsleben zu bestehen, wechselte Kathrin Saner einst als Ökonomin in die IT eines grossen Schweizer Unternehmens und war anschliessend COO eines KMU im digitalen Umfeld. Heute ist sie im Corporate Venturing bei PostFinance tätig und scoutet Startups im Fintech. Wir reden mit ihr über ihre Erfahrungen als Frau im Tech-Umfeld.

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Sie haben Wirtschaft studiert, sind dann aber in den IT-Bereich eingestiegen. Wie kam es dazu?

Als ich nach dem Studium in der Unternehmensentwicklung eines Grosskonzerns tätig war, wurde mir bewusst, dass jedes Projekt eine IT-Komponente hat. Und dass man ohne IT-Kompetenzen weder auf Augenhöhe diskutieren, noch entscheidende Stakeholder challengen kann. Darum habe ich mich damals entschieden, mich bei einem anderen Grossunternehmen als Projektleiterin IT zu bewerben, obwohl ich kaum IT-Kompetenzen mitbrachte. Das einzige Kriterium der Stellenbeschreibung, das ich erfüllt habe, war meine grosse Motivation. Und so war es nicht erstaunlich, dass ich zuerst eine Absage und den Job erst auf mein Nachhaken hin erhielt. Das Entscheidende war, dass ich die Chance erhielt, beim Vorstellungsgespräch meine Stärken im Stakeholder- und Projektmanagement zu präsentieren und ich die Linienvorgesetzten mit meiner Lernbereitschaft und Neugier überzeugen konnte.

Will man die Zukunft aktiv mitgestalten, ist ein Interesse an Technologie von zentraler Bedeutung. Das gilt in allen Branchen.
Kathrin Saner, PostFinance

Sie sind somit ins kalte Wasser des Tech-Teichs gesprungen. Welches sind Ihre Learnings daraus?

Man muss keine Angst haben, etwas Neues zu versuchen. Klar, man wird nicht ohne entsprechende Ausbildung zum IT-Architekten. Aber in der Tech-Branche gibt es sehr viele verschiedene Berufsbilder, darunter auch solche, die sich für Quereinsteiger eignen. Und diese Berufsbilder sind eine Chance für motivierte Leute, die bereit sind, sich neue Fähigkeiten im Eigenstudium oder On the Job anzueignen. In der IT ist zum Beispiel viel Projektarbeit erforderlich. Dazu benötigt es Kompetenzen wie die Fähigkeit, den Austausch der Beteiligten zu ermöglichen und zu fördern. Und es braucht auch immer «Übersetzungsleistungen», damit die Programmierer das entwickeln, was das Business wünscht.

Nach vier Jahren als COO in einem anderen Unternehmen haben Sie schliesslich ins Corporate Venturing bei PostFinance gewechselt. Was sind hier Ihre Aufgaben?

Unser Team scoutet Startups im Fintech. Wir machen eine Einschätzung, ob die vom Startup verwendete Technologie und ihr Businessmodell zukunftsfähig sind. Erfüllt das Startup diese und weitere Kriterien, führen wir die Investition durch und begleiten es auf seinem Wachstumspfad.

Wie erklären Sie sich, dass es wie in vielen Tech-Berufen auch in diesem Bereich immer noch nur wenige Frauen hat?

Corporate Venturing ist noch ein relativer neuer Bereich, für den es keine Ausbildung gibt. Um hier einzusteigen, braucht es ein gewisses Selbstbewusstsein, da man das, was man für den Job braucht, nicht schon mitbringt, sondern es erst in der Praxis lernt. Man kann demnach nicht alle Anforderungen aus der Jobbeschreibung erfüllen. Männer haben hier beim Bewerben tendenziell den grösseren Mut zur Lücke, während Frauen oft auf eine Bewerbung verzichten, wenn sie nicht allen Kriterien entsprechen. Mein Tipp an die Frauen ist: Versucht es einfach auch.

Haben Sie noch weitere Tipps für Frauen, die im Techbereich weiterkommen wollen?

Ja, dieselben, die ich auch Männern mitgeben würde. Nebst einer guten Performance im Job darf man die Wichtigkeit des Netzwerks nicht unterschätzen. Schliesslich hilft einem dieses auch dabei, bei Stellenbesetzungen überhaupt auf dem Radar zu erscheinen. Denn viele Stellen werden gar nicht öffentlich ausgeschrieben. Während Onlinekanäle beim Schaffen eines ersten Kontakts hilfreich sind, geht beim Pflegen der Beziehungen nichts über den persönlichen Kontakt. Statt zum Beispiel über Mittag an der Perfektion einer Powerpoint-Folie zu arbeiten, ist ein Businesslunch die bessere Alternative. Gerade wenn man familiäre Verpflichtungen hat, ist es zwar nicht immer einfach, sich für die Pflege seines Netzwerks Freiräume zu schaffen, auch weil viele Anlässe abends stattfinden. Aber es lohnt sich. Zum einen profitiert man so vom Wissensaustausch, zum anderen lernt man immer wieder andere Expertinnen und Experten kennen, die man bei spezifischen Fragen angehen kann. In Bezug auf das Networking finde ich persönlich es auch wichtig, anderen den Zugang zum eigenen Netzwerk zu ermöglichen und sie so zu unterstützen.

Warum braucht es mehr Diversität bei Innovation und Technologie?

Dabei stehen für mich ganz klar wirtschaftliche Gründe im Fokus: Frauen machen bei den meisten Produkten über 50 Prozent der Zielgruppe aus. Und es ist schade, wenn man als Unternehmen mit seinem Angebot nicht in der Lage ist, diese zu erreichen. Als logische Folge müssen Frauen – oder eben auch andere Zielgruppen – bei der Produktentwicklung und bei Innovationen eng miteinbezogen werden, damit sie dann das Produkt auch effektiv anspricht. Das Ganze ist für mich also kein Diversity-, sondern ein Businessthema mit viel Potenzial.

Wie kann bei Frauen mehr Interesse an Tech-Jobs geweckt werden?

Durch Aufklärung darüber, was es wirklich bedeutet, im Techbereich zu arbeiten. Es gibt so viele spannende Berufe, von denen man in der Schule vielleicht nie etwas gehört hat und die nicht unbedingt direkt etwas mit dem Erlernen von Programmiersprachen zu tun haben. Bei IT etwa denken viele an den IT-Nerd, der nie von seinem Rechner wegkommt. Das ist ein Klischee. Denn in den Techbereichen werden insbesondere auch Menschen gesucht, die genau das Gegenteil vom einsamen Nerd sind: Es geht vor allem darum, logisch denken zu können, Dinge zu hinterfragen, Zusammenhänge zu verstehen, aus Bausteinen kreativ neue Lösungen zu erschliessen und gut kommunizieren zu können.

Was raten Sie Frauen, die im Techbereich arbeiten wollen?

Man muss nicht von Anfang an alles wissen. Falls man Neugierde und Lernbereitschaft mitbringt, kann man sich schnell zu einer Expertin entwickeln. Und Frauen sind sehr gesucht in der IT und im Techbereich. Eine Chance, die man nutzen sollte.

Über Kathrin Saner

Kathrin Saner

Die Ökonomin Kathrin Saner arbeitet seit anfangs 2020 bei PostFinance im Corporate Venturing-Team.

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