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Erstellt am 17.03.2021

«Mir wurde bewusst, dass ich auf strategischer Ebene mitentscheiden will»

Wir stellen Frauen vor, die bei PostFinance in Führungspositionen tätig sind. Taru Koch ist Leiterin Communications & Branding. Im Interview erzählt sie, was sie bewogen hat, eine Führungskarriere in Angriff zu nehmen, und wie sie es schafft, Beruf und Familie zu vereinen.

Wie führst du deine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter?

Mir ist es wichtig, dass wir ein gemeinsames, übergeordnetes Verständnis dafür haben, wo wir hinwollen. Meine Aufgabe dabei ist es, optimale Rahmenbedingungen zu gestalten und die Mitarbeitenden zu begleiten und zu unterstützen. Im Gegenzug erwarte ich, dass jede und jeder mitzieht, die Aufgaben annimmt und selbstverantwortlich umsetzt – immer im Hinblick darauf, dass unsere Leistung auf den Purpose und die Ambition des Gesamtunternehmens einzahlt.

Hast du gezielt eine Führungsposition angestrebt?

Ich war schon immer ehrgeizig und hatte Ziele. Jedoch habe ich nicht von Anfang an per se eine Führungskarriere angestrebt, sondern konnte mir auch eine Fachkarriere vorstellen. Ich bewegte mich stets entlang jener Themen vorwärts, die mich reizten: Digitalisierung, Marketing und Kommunikation, HR und Change. In diesem Spannungsfeld wollte ich – mit Fokus auf die Bedürfnisse der Kunden bzw. auf die Herausforderungen der Mitarbeitenden – in meinen jeweiligen Funktionen etwas bewegen und Dinge weiterentwickeln. Das ist noch heute ein wichtiger Motivator für mich. Zwei Aspekte haben dann aber den Ausschlag gegeben, dass ich mich für eine Führungskarriere entschieden habe: Erstens wurde mir bewusst, dass ich auf strategischer Ebene mitentscheiden will und dass ich dafür das «Leiterli» nach oben klettern muss, um dorthin zu gelangen, wo tatsächlich strategisch entschieden wird. Und zweitens war es die Freude daran, Mitarbeitende auf ihrem beruflichen Weg zu begleiten und Rahmenbedingungen zu schaffen, damit sie sich fachlich und persönlich weiterentwickeln, ihre Ziele erreichen und Erfolge feiern können.

Welche Tipps gibst du anderen Frauen, die eine Führungsposition anstreben?

Es braucht zum einen Mut und den Willen, seine Komfortzone zu verlassen und neue Herausforderungen anzunehmen. Zum andern gilt es, sich aktiv zu positionieren. Manche Frauen tun sich schwer damit, sich in Position zu bringen und empfinden dies als anbiedernd. Ihnen rate ich, sich fokussiert über ihre Fachkompetenz ins Spiel zu bringen, indem sie zeigen, was sie können, und vor allem auch klar äussern, was sie wollen. Und wenn die Chance da ist, muss man sie packen – auch wenn der Moment dafür nicht optimal scheint.

Und wenn die Chance da ist, muss man sie packen – auch wenn der Moment dafür nicht optimal scheint.

Hattest auch du bei deiner ersten Führungsposition Zweifel, ob der Zeitpunkt passend ist?

Meine erste Chance auf eine Führungsposition bot sich mir bei IBM, kurz nachdem ich nach meinem ersten Mutterschaftsurlaub wieder eingestiegen war. Es ging um die Besetzung einer Teamleiterstelle. Mein Sohn war damals ein Jahr alt. Ich fragte mich, ob ein solcher Karriereschritt mit einem kleinen Kind und einem 80-Prozent-Pensum überhaupt möglich ist, ob ich mir dies zutraue und wie ich es wohl schaffe, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Und dann habe ich gemerkt: Es ist nie passend. So wie es wohl nie den richtigen Moment gibt, um Kinder zu bekommen, gibt es wohl auch nie den richtigen Moment, den ersten Führungsjob anzunehmen. Ich habe mich aber entschieden, die Gelegenheit zu nutzen und es einfach auszuprobieren. Und es hat funktioniert.

Was hilft dir konkret, Familie und Beruf zu vereinbaren?

Von Seiten Arbeitgeber sind es sämtliche Möglichkeiten, die das Arbeiten flexibler machen, wie zum Beispiel Teilzeitmodelle, flexible Arbeitszeiten oder Homeoffice. Aber auch eine Kultur, in der man sich auf Augenhöhe begegnet, in der man Probleme ansprechen kann und gemeinsam eine Lösung sucht und findet. Insbesondere braucht es das Verständnis der Vorgesetzten, dass es nicht immer einfach ist, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Und selbstverständlich muss man auch im privaten Umfeld Dinge einfordern können. Für meinen Partner und mich war immer klar, dass wir beide Kinder wollen und auch beide zu ihnen schauen. Und es war auch klar, dass wir beide weiterarbeiten möchten. Dies sollte man in einer Partnerschaft klären, noch bevor die Kinder da sind – um spätere Überraschungen aufgrund falscher Erwartungen zu vermeiden, aber auch, um sich gegenseitig an die Abmachungen erinnern zu können. Und nicht zuletzt hilft uns sehr, dass wir auf starke Strukturen in der Kinderbetreuung zurückgreifen können, in unserem Fall auf die Grosseltern sowie die Kita und Tagesschule.

Gibt es die perfekte Balance zwischen Familie, Beruf und eigenen Bedürfnissen?

Für mich persönlich ist weder möglich noch realistisch, stets die perfekte Balance im Dreieck von Beruf, der Familie und den eigenen Bedürfnissen zu halten. Im Idealfall wäre das Dreieck gleichseitig; in der Realität hingegen ist es oft verzerrt. Wenn ich zum Beispiel wie aktuell im Beruf stark gefordert bin, geht dies zulasten der Familie und zulasten meiner Bedürfnisse bzw. der Bedürfnisse in der Partnerschaft. Was ich nun mache? Ich versuche auch in solchen Phasen, einmal einen freien Abend für mich, ein Familienwochenende oder kleine Oasen für meinen Partner und mich einzubauen. Und ich achte darauf, dass das Dreieck nicht über eine lange Zeit verzerrt bleibt. Wie gesagt, das perfekt Ausbalancierte im Dauerzustand kenne ich nicht. Es ist vielmehr ein aktives Managen dieses Dreiecks.

Wie ermutigst du andere Frauen für einen nächsten Karriereschritt?

Zum einen wohl allein schon über meine Vorbildfunktion, die ich als Frau und Mutter in einer Kaderfunktion einnehme. Dies zeigt anderen Frauen, dass sich eine Führungsposition und Mutter sein tatsächlich vereinbaren lassen. Und als direkte Vorgesetzte suche ich im konkreten Fall frühzeitig das Gespräch, um gemeinsam mögliche Karriereszenarien auszuarbeiten. Zudem biete ich den Mitarbeitenden interne Plattformen, in denen sie zum Beispiel ihr Fachwissen in einem wichtigen Gremium demonstrieren können. Oder ich nominiere sie für die Mitarbeit in strategisch wichtigen Projekten, die von einer erhöhten Aufmerksamkeit der Geschäftsleitung oder der Ebene darunter profitieren. Auf diese Weise gibt man den Mitarbeitenden Präsenz in Gremien, die schliesslich über die Vergabe von Führungspositionen mitentscheiden. Auch ich selbst konnte von solchen Plattformen stark profitieren.

Müssen wir noch lange über Frauen in Führungspositionen diskutieren oder wird dies endlich normal?

Frauen und Männer betrachten und beurteilen Dinge unterschiedlich. Und dies ist auch gut so. Entsprechend wichtig ist es aber, dass man auf allen Stufen in einem Unternehmen einen guten Mix von Frauen und Männern hat, sei dies im Verwaltungsrat, in der Geschäftsleitung, im Topkader oder Kader. Persönlich habe ich die Erfahrung gemacht, dass ich als junge Frau mehr herausgefordert worden bin als meine Kollegen. Insbesondere als ich mein erstes Kind bekommen habe, standen Fragen im Raum wie «Kann sie das auch?», «Will sie das wirklich?», «Will sie nicht gleich wieder schwanger werden?». Sicherlich sind wir hier mittlerweile einen Schritt weiter. Aber ich höre von verschiedener Seite, dass dies – je nach Unternehmen und Kultur im Unternehmen – nach wie vor ein Thema ist. Gerade wenn es um junge Frauen in Führungspositionen geht. Wir müssen also noch weiter diskutieren und auch handeln.

Gibt es etwas, dass du als Führungsperson gelernt und auch in dein Privatleben übertragen hast?

Den Grundsatz «Pick your Fight» oder auf Deutsch umschrieben: «Man soll die Kämpfe, die man führen will, gut auswählen.» Denn man kann nicht an hundert Fronten kämpfen, sondern vielleicht an fünf. Entsprechend überlege ich mir jeweils auch im Privaten, in welchen «Kampf» ich meine Energie und meine Kraft hineinstecken will, weil es mir wichtig ist, dass es so kommt, wie ich es will. Oder wo ich die Fünf auch einmal gerade sein lasse.

About

Taru Koch studierte an der Universität St. Gallen Wirtschaftswissenschaften und hat einen Master in Marketing, Services und Communication Management. Zudem schloss sie verschiedene Weiterbildungen im HR-Bereich ab. Sie arbeitete unter anderem bei IBM und PostFinance in verschiedenen strategischen und operativen Funktionen in Marketing, Kommunikation und HR und legte den Fokus stets auf die Fragestellung, wie sich die Digitalisierung auf das jeweilige Aufgabengebiet auswirkt. Seit März 2021 ist sie bei PostFinance Leiterin Communications & Branding. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder mit den Jahrgängen 2013 und 2016.

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