Julian Massler
CEO Aurum Fit, selbständig
Seit mehr als einem Jahr hält Covid-19 die Welt in Schach. Wie wirkt sich die Gesundheitskrise auf unseren finanziellen Wohlstand und unser Finanzverhalten aus? Wir haben drei Personen aus unterschiedlichen Branchen dazu befragt.
CEO Aurum Fit, selbständig
Während der beiden Lockdowns mussten wir alle Studios schliessen und hatten entsprechende Umsatzausfälle. Es war lange nicht klar, ob und wie wir, als selbständig Erwerbende, entschädigt würden, oder ob wir Kurzarbeit beantragen dürfen.
Wir haben uns den Lohn auch während des Lockdowns ausbezahlt. Er war schon vor Corona sehr niedrig angesetzt, weil wir noch immer in der Startup-Phase sind. Insofern musste ich keine Lohneinbussen hinnehmen. Viel mehr Sorgen bereitet mir allerdings die Liquidität unseres Unternehmens. Während des ersten Lockdowns konnten wir, dank der Härtefall-Zahlungen, die Liquidität mehr oder weniger wahren. Im zweiten Lockdown war das schon massiv schwieriger. Besonders ärgerlich für uns als Wachstumsunternehmen: Härtefallgelder werden aufgrund der Durchschnittsumsätze der Jahre 2018 und 2019 berechnet. Da wir erst seit Mitte 2018 Umsatz machen, fällt dieser Wert natürlich entsprechend niedrig aus und wiederspiegelt nicht den effektiven Umsatzverlust, den wir hinnehmen mussten.
Kinderklamotten – wir sind während des ersten Lockdowns Eltern geworden. Ansonsten gebe ich mehr fürs Wohnen aus und auch Streaming ist ein grösserer Budgetposten geworden.
Für Reisen und Restaurantbesuche.
Wir haben uns ein grösseres Bett gekauft.
Nein nicht wirklich. Ich bin aufgrund meiner beruflichen Situation – Startup-Phase – schon länger sehr diszipliniert im Umgang mit Geld.
Nicht wegen der Pandemie, sondern weil ich zeitgleich eine Familie gründete.
Absolut. Geschäftlich sehe in der Zeit nach dem Lockdown eine grosse Chance für uns, darauf bereiten wir uns aktuell vor. Wir konnten viele tolle Initiativen für unsere Kunden umsetzten. Ich halte es diesbezüglich wie die Stoiker: Wir können die äusseren Umstände nicht ändern, aber wir können Gas geben und alles daransetzen, gestärkt aus der Krise hervorzugehen. Das fällt im Alltag nicht immer leicht. Seit letztem Jahr bin ich nicht mehr vornehmlich CEO, sondern CSO – Chief Spirit Officer. Meine Hauptaufgabe ist es, alle zu motivieren und das funktioniert bis jetzt zum Glück ganz gut.
Ich würde mir die Wichtigkeit einer beständigen Sparquote und Investitionen vor Augen führen – der Zinseszins ist einfach gewaltig. Glücklich macht Geld ja nicht, aber es hilft schon beim Entspannen.
Geschäftsführer Hotel Du Lac, angestellt in Kurzarbeit
In meiner Branche sind die Auswirkungen der Pandemie sehr gross. Mir stellt sich regelmässig die Frage, ob mein Arbeitgeber diese Situation übersteht und wie lange wir noch darauf warten müssen, wieder arbeiten zu dürfen. Neben dieser Ungewissheit ist sie sich auch finanziell spürbar.
Durch die viele Zeit zuhause gebe ich vor allem mehr Geld für Essen und Trinken aus. Vorher habe ich meist im Betrieb gegessen, was nun nicht möglich ist. Ebenfalls haben die Ausgaben für Kurzaufenthalte in Hotels zugenommen. Es ist aktuell die einzige Möglichkeit, sich im Restaurant verwöhnen zu lassen.
Beim Transport. Ausgaben für ÖV-Abos und Benzin sind zurückgegangen. Auch steht wegen der Kurzarbeit weniger Geld zur Verfügung, dadurch gebe ich automatisch weniger aus.
Nein nichts Besonderes, aber mein Konsumverhalten hat sich aufgrund der Pandemie verändert.
Ja. Im Moment geht es nicht um das Sparen, da der Lohnausfall zu gross geworden ist. Seit acht Monaten erhalte ich 80% Kurzarbeit. Im ersten Moment sah es nach einem verkraftbaren Ausfall aus, aber auf Dauer macht es sich bemerkbar.
Auf jeden Fall. Es hat aus meiner Sicht eine Entschleunigung stattgefunden. Man hat mehr Zeit für sich selbst und kann sich anderen Dingen im Leben widmen, die davor meist zu kurz gekommen sind. Auch schätze ich viel mehr den Wohlstand und die Freiheiten, die wir vor der Pandemie hatten.
Kommunikationsspezialistin bei PostFinance, im HomeOffice
Zum Glück – bis auf das überwiegende Homeoffice in dem wir seit über einem Jahr stecken – wenig. Meine Arbeit lässt sich hervorragend von überall erledigen. Wenn überhaupt, dann würde ich sagen, dass ich seitdem in meiner Arbeit viel effizienter geworden bin, konzentrierter arbeiten kann und in der Balance zwischen Kindern, Haushalt und Arbeit weniger gestresst bin, weil ich jetzt weniger unterwegs bin.
Wir sind auch vor der Pandemie eher selten ausgegangen – wie man halt so lebt, wenn man zwei kleinere Kinder hat. Anstatt ab und an ins Restaurant zu gehen, haben wir uns während des Lockdowns das Essen halt liefern lassen.
Nein, keine Anschaffungen per se. Aber wir haben Ferien in der Schweiz gemacht und haben daher wohl mehr Geld für Hotels ausgegeben.
Wir haben unglaubliches Glück, dass weder mein Mann noch ich durch die Einschränkungen finanzielle Einbussen hinnehmen mussten. Dafür sind wir beide sehr dankbar.
Ich versuche, aus jeder Situation etwas Positives zu ziehen. Auch wenn es mir hier oft etwas schwerfällt, weil mir die persönlichen Einschränkungen der Freiheit sehr zu schaffen machen. Aber auf den Konsum bezogen würde ich denken, dass unserer Gesellschaft bewusster geworden ist, wie volatil alles ist. Ein wünschenswerter Effekt dieser Krise wäre für mich, wenn wir den Begriff «Nachhaltigkeit» bewusster in unserem Konsumverhalten verankern und nicht bloss als Lippenbekenntnis mit uns herumtragen. Das habe ich mir für mich als Ziel vorgenommen – weniger und bewusster zu Konsumieren.