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Beruhigung der Unsicherheiten im Finanzsystem nach ereignisreichen Tagen

Seit unserer letzten Kommunikation vom vergangenen Donnerstag hat sich die Lage im internationalen Finanzsystem sehr bewegt weiterentwickelt. Die Unsicherheiten im amerikanischen Raum aufgrund der Konkurse der beiden Geschäftsbanken «Silicon Valley Bank» und «Signature Bank» haben sich innert kürzester Zeit auf den europäischen Kontinent übertragen. Hauptleidtragende der generellen Verunsicherung in der vergangenen Woche war die Schweizer Grossbank Credit Suisse (CS), die einen massiven Abzug von Kundeneinlagen verzeichnete und schliesslich unter Einbezug und Druck der Schweizer Regierung und Behörden am Wochenende durch die grösste Schweizer Bank UBS übernommen wurde.

Die Übernahme der CS durch die UBS hat zu einer deutlichen Entspannung des internationalen Finanzsystems beigetragen. Die Aktienmärkte haben sich merklich erholt und die Volatilität hat spürbar abgenommen. Gleichzeitig sind die Zinsen am Kapitalmarkt durch die Flucht der Anleger:innen in sichere Anlageklassen gesunken. Die UBS selbst scheint die Aufnahme der CS bisweilen gut verkraftet zu haben. Die Aktie ist im bisherigen Wochenverlauf nach einem kurzen Taucher um rund 5% angestiegen.

Notenbanken erhöhen die Zinsen - Inflationsbekämpfung weiter im Fokus

Die Zentralbanken waren durch die jüngsten Turbulenzen im Finanzsystem besonders gefordert.

Bei der Gestaltung der Geldpolitik verstärkte sich der Zielkonflikt zwischen der Inflationsbekämpfung und der Wahrung der Finanzstabilität. Durch den in den letzten Tagen erfolgte, markante Rückgang der langfristigen Kapitalmarktzinsen, hat sich der Bewertungsdruck von festverzinslichen Papieren, der am Ursprung des Kollapses der Silicon Valley Bank und damit der Bankenkrise stand, jedoch deutlich abgeschwächt. Damit rückt die Inflationsbekämpfung wieder stärker in den Fokus.

Die amerikanische Zentralbank hat vor diesem Hintergrund den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 5%, die europäische Zentralbank um 0,5 Prozentpunkte auf 3.5% und die Schweizerischen Nationalbank um 0,5 Prozentpunkte auf 1.5% angehoben. Weiter ist zu beobachten, dass insbesondere die amerikanischen Banken deutlich vorsichtiger bei der Kreditvergabe an Unternehmen und private Haushalte geworden sind. Diese Verknappung der Kredite entfaltet zusätzlich eine vergleichbare Wirkung wie eine Erhöhung des Leitzinses. 

Defensive Positionierung weiterhin sinnvoll

Damit verstärken sich die Anzeichen für eine anstehende, milde Rezession. Zwar sind dies vorerst keine guten Nachrichten für Anleger:innen, da der Tiefpunkt der Marktentwicklung noch nicht erreicht sein dürfte. Aus Sicht der Finanzstabilität ist das hingegen eine gute Entwicklung. Denn die aktuelle Konstellation, in der die Kapitalmarktzinsen unter der Inflation liegen, führt zu Verwerfungen auf den Finanzmärkten und gefährdet auf Dauer die Finanzstabilität. Eine Rezession kann dieses Ungleichgewicht lösen. Tritt sie ein, dürfte die Inflation abkühlen und die Zinsdynamik nachlassen, was wiederum die vorlaufenden Börsen im zweiten Halbjahr positiv beeinflussen könnte. Vor diesem Hintergrund empfehlen wir unseren Kund:innen vorerst an der defensiven Positionierung festzuhalten.

Philipp Merkt

Chief Investment Officer